Genie, Täter und der Mann von Tina Turner: Ike Turner starb heute vor 13 Jahren

Ike Turner gehört zu den kontroversesten Genies der Musikgeschichte – ein kritischer Blick ist entsprechend wichtig.

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Ein Genie, unter dem sein Umfeld litt. | © Wikipedia

Heute jährt sich der Todestag von Ike Wister Turner zum 18. Mal. Sein Erbe bleibt komplex: Einerseits gilt er als einer der Väter des Rock ’n’ Roll – ein Musiker, Innovator und Produzent, der Musikgeschichte geschrieben hat. Gleichzeitig ist sein Name untrennbar verbunden mit Gewalt, Missbrauch und Kontrolle in seiner Beziehung zu Tina Turner. Am heutigen Tag lohnt sich ein Blick auf beide Seiten dieser widersprüchlichen Persönlichkeit.

Der Aufstieg eines Musikpioniers

Ike Turner wurde am 5. November 1931 in Clarksdale, Mississippi geboren, einer Region tief verwurzelt in der Tradition des Blues. Bereits als Jugendlicher interessierte er sich für Musik, arbeitete in Radiosendern und gründete seine erste Band, die Kings of Rhythm. 1951 nahm Turner mit dieser Gruppe den Song "Rocket 88" auf, der von vielen Musikhistoriker*innen als einer der ersten echten Rock-’n’-Roll-Titel bezeichnet wird. Diese Aufnahme legte den Grundstein für Turners späteren Ruf als Wegbereiter des modernen Rock-Sounds.

Im Laufe der 1950er- und frühen 1960er-Jahre etablierte er sich als Bandleader, Talententdecker und Produzent – eine Figur, die Musikstrukturen prägte, lange bevor Rockstars ein kulturelles Phänomen wurden.

Tina Turner: Erfolg und Abgrund zugleich

1960 lernte Ike Turner die junge Sängerin Anna Mae Bullock kennen, die später weltweit als Tina Turner bekannt werden sollte. Aus der professionellen Zusammenarbeit entstand eine musikalische Partnerschaft, die Musikgeschichte schrieb. Hits wie "A Fool in Love", "River Deep – Mountain High", "Proud Mary" und zahlreiche internationale Tourneen machten das Duo zu einer Sensation.

Doch hinter dem glamourösen Bühnenbild verbargen sich dunkle Realitäten: Ike Turner kontrollierte die Band, die Songs – und Tina selbst – auf eine Weise, die später zu einem Synonym für Partnergewalt wurde. Tina berichtete in Interviews und ihrer Autobiografie von systematischer psychischer Kontrolle, körperlicher Gewalt und jahrelangem Missbrauch. Erst 1976 gelang ihr der endgültige Ausstieg aus der Beziehung, ein Schritt, der sie finanziell fast alles kostete, ihr jedoch die Freiheit zurückgab.

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Auf der Bühne ließen sich die gewaltigen Probleme kaum ausmachen. | © Wikipedia

Ike Turner bestritt lange Zeit viele der Vorwürfe, gab in späteren Jahren jedoch zu, dass Drogen, Machtstrukturen und persönliche Unsicherheiten seine Beziehungen zerstört hatten.

Ein fallender Stern

In den 1980er- und 1990er-Jahren geriet Ike Turner zunehmend in den Hintergrund der Musikwelt. Die Popkultur feierte Tina Turners Solokarriere, während Ike mit Drogenproblemen, rechtlichen Schwierigkeiten und dem Ruf eines aggressiven, kontrollierenden Mannes kämpfte.

2007 veröffentlichte er ein spätes Albumprojekt, das ihn musikalisch zu seinen Wurzeln zurückbrachte und kritische Anerkennung erhielt. Nur wenige Monate später, am 12. Dezember 2007, starb Ike Turner im Alter von 76 Jahren an den Folgen einer Überdosis Kokain.

Ein zwiespältiges Vermächtnis

Ike Turners Beitrag zur Musikgeschichte ist unbestreitbar. Ohne ihn wäre die Geschichte des Rock ’n’ Roll eine andere – zahlreiche Künstler*innen, Genres und Produktionsweisen tragen seine Handschrift. Doch sein Name kann nicht losgelöst von seinem Verhalten betrachtet werden. Heute wird er oft als Beispiel dafür genannt, wie Talent und historische Bedeutung nicht automatisch moralische Bewunderung verdienen.

Sein Leben erinnert daran, dass künstlerisches Wirken und persönliches Verhalten manchmal dramatisch auseinanderklaffen – und dass kritische Erinnerung ebenso wichtig ist wie Anerkennung.

Daniel Fersch

Daniel schreibt über so ziemliches alles, was mit Games, Serien oder Filmen und (leider) auch fragwürdigen Streamern zu tun hat – insbesondere, wenn es dabei um Nintendo, Dragon Ball, Pokémon oder Marvel geht....