Jan Zimmermann hat über sein Tourette aufgeklärt und damit mehr bewegt, als nur unsere Lachmuskeln.
Der YouTuber Jan Zimmermann befasste sich auf humorvolle und aufklärende Art mit seinem Tourette-Syndrom und machte es damit für Hunderttausende greifbar. Nun ist er im Alter von nur 27 Jahren verstorben.
Wenn das Gewitter verstummt
Bekannt als Gesicht des Kanals "Gewitter im Kopf", hatte Jan seinen Zuschauern das Thema näher gebracht und dabei stets mit Komik und Spaß gearbeitet. Laut Polizeisprecher der Stadt Bonn wurde er bereits am 18. November leblos in seiner Wohnung aufgefunden.
Mit seinem Tod verliert die Szene nicht nur einen unterhaltsamen Content-Creator, sondern auch einen Menschen, der via Social Media das gesellschaftliche Verständnis von Krankheit, Diversität und Umgang miteinander beeinflusste.
Zimmermann, 1998 geboren, wurde durch den Kanal, den er gemeinsam mit seinem Freund Tim Lehmann betrieb, zum Gesicht für ein Thema, das zuvor in Deutschland kaum öffentlich präsent war: Das Leben mit Tourette-Syndrom.
Humor statt Zeigefinger
Mit seiner offenen, direkten Art und viel Humor zeigte er, was es bedeutet, mit unkontrollierbaren Tics zu leben – und gab ihnen mit dem Namen "Gisela" sogar eine eigene, fast schon kultige Identität. Was zunächst eher ein unterhaltsames Internet-Format war, entwickelte sich schnell zu einer Form der Aufklärung, die Millionen erreichte.
Menschen mit Tourette fühlten sich gesehen, verstanden, manchmal auch zum ersten Mal ernst genommen. Andere wiederum lernten, Vorurteile abzubauen, dem Thema mit Neugier statt Unbehagen zu begegnen.
Dabei bestand der Erfolg des Kanals nicht nur aus Lachen. Zimmermann dokumentierte medizinische Eingriffe, Therapieversuche, emotionale Rückschläge. Besonders die Offenheit im Zusammenhang mit einem neurochirurgischen Eingriff – einer Hirnstimulation zur Verbesserung seiner Symptome – wurde zu einem wichtigen Moment seiner Öffentlichkeitsarbeit. Er zeigte, dass Krankheit weder nur Leiden bedeuten muss noch ausschließlich Heldengeschichten hervorbringt. Sein Leben vor der Kamera demonstrierte stattdessen, wie komplex das Dazwischen ist.
Als er in einem Video von seinem Hirnschrittmacher redete und betonte, dass Gerät dürfe auf keinen Fall abgeschaltet werden, weil nur ein Arzt es für ihn wieder in Gang bringen könnte, passierte genau das: Er deaktivierte ihn vor laufender Kamera. Nur einer der vielen Momente, die Humor mit Aufklärung verbanden und gleichermaßen lehrreich wie unterhaltsam für seine Zuschauer waren.
Ein Vermächtnis, das unterhält und hilft
Doch mit Popularität kamen auch Verantwortung und Kritik. Diskussionen über Grenzen zwischen Unterhaltung und Erkrankung, über Inszenierung, über die Frage, wie man über etwas lacht, das Betroffenen das Leben maßgeblich erschwert kamen immer wieder auf.
Diese Debatten zeigen im Rückblick vor allem eines: Jan Zimmermann bewegte etwas. Er löste Auseinandersetzung aus, machte sichtbar, was zuvor kaum jemand wirklich kannte – und zwang damit zu Reflexion, Verständnis und Dialog.
Jetzt bleibt ein digitales Vermächtnis: Hunderte Videos, die Menschen informieren, trösten, aufklären oder einfach unterhalten. Eine Community, die gelernt hat, dass Anders-sein nicht verborgen bleiben muss. Und eine Perspektive auf Krankheit, die ohne Pathos, aber mit Menschlichkeit vermittelt wurde.
Wir wünschen an dieser Stelle allen Hinterbliebenen viel Kraft.