Die pure Gier trieb eine junge Unternehmerin dazu, eine der größten Banken der Welt austricksen zu wollen.
Charlie Javice verkaufte einer der größten Banken der Welt ihr Programm zur Vereinfachung von Studienkrediten und machte damit fast 200 Millionen Dollar – bis aufflog, dass der Deal mit einigen Unwahrheiten geschmückt gewesen war.
Von den "30 under 30" zu Forbes "Hall of Shame"
Business-Influencer beeindrucken ihre Fanbase oft mit unglaublichen Erfolgen, die sie meist aus schier unmöglichen Situationen heraus erzielten, einfach nur, weil sie ein bisschen cleverer, geschickter oder zu einem besseren Zeitpunkt da waren als andere.
Oder aber, weil sie eine der größten Banken der Welt hinters Licht führen wollten und damit gnadenlos scheiterten...
Es schien eine nahezu märchenhafte Story zu sein: Charlie Javice, eine französisch-amerikanische Businessfrau sah in einer nahezu alltäglichen Sache Potenzial für ein ganz eigenes Geschäft, baute dieses zu einem funktionierenden Unternehmen auf und bot es dann JPMorgan, der fünftgrößten Bank der Welt zum Kauf an – für die unglaubliche Summe von 175 Millionen US-Dollar.
Ihr Motto:
Träume groß – aber träume auch klug!
Sie schwang von der schlichten Finanz-Influencerin zu einer der jährlichen “30 under 30” im Forbes Magazine auf – nur um von dem Handelsblatt später in ihrer Hall of Shame der Nominierten erwähnt zu werden, für die Forbes sich mittlerweile schämen würde.
Doch was führte zu diesem Sinneswandel und dazu, dass Javice vor knapp zwei Wochen wegen Betrugs zu 7 Jahren Haft verurteilt wurde?
Studierendenkredite für alle
Jede und jeder, die sich in Deutschland schon einmal um einen Studienkredit bemüht haben, dürften es kennen – sofern das Wort BaFög ihnen nicht automatisch einen Puls von 200 beschert: Es ist alles andere als einfach, an entsprechende Fördergelder zu kommen und mit einem bürokratischen Akt verbunden, der kaum komplexer und ermüdender sein könnte.
Das US-amerikanische Pendant hierzu nennt sich “Free Application for Federal Student Aid” (oder kurz FAFSA) und ist ähnlich unmöglich auszufüllen. Die inzwischen 32-jährige Charlie Javice erkannte darin Potenzial und gründete Frank, eine Plattform, die Studierenden bei allen Hürden, die ihnen mit FASFA begegnen könnten, helfen sollte.
Javice empfahl Studierenden und anderen, FASFA-Anträge zu stellen und sie mithilfe von Frank bewilligen zu lassen.
Ihr wichtigster Punkt dabei: Niemand ist zu arm oder zu reich, für einen FASFA-Antrag, denn Frank findet alle Lücken im System.
Damit wollte sie für Studierende bis September 2021 schon mehr als 7 Milliarden Dollar an Zuschüssen organisiert haben – eine Summe, die auch andere Investoren und Interessenten auf den Plan rief.
Ein 175 Millionen Deal – mit einem dicken Haken
Ein Deal mit JPMorgan Chase, einer der größten Banken der USA und fünftgrößter Bank weltweit, sollte das große Finale für Javice mit Frank werden: JPMorgan kaufte ihr die Plattform für 175 Millionen ab und machte sie zu einem Management-Director für studierendenbasierte Gelder und Angebote.
Dann allerdings brachte eine interne Prüfung von Frank ans Tageslicht, dass von den vermeintlich 4,25 Millionen Usern der Plattform nur etwa 300.000 reale Menschen waren. Der Rest bestand aus erfundenen, falschen und gefakten Daten, die Javice hatte beschaffen lassen, um das Angebot größer wirken zu lassen und einen besseren Deal erhalten zu können.
Vor Gericht versuchte ihr Anwalt das Ganze noch wie eine beeindruckende Leistung und den Kampf von David gegen Goliath wirken zu lassen, weil die damals 29-Jährige eines der größten globalen Unternehmen zu einem solchen Kauf hatte verleiten können.
Laut ihm sei es die Schuld von JPMorgen Chase gewesen, die Daten nicht vor dem Kauf zu prüfen, da sie den Deal – aus Angst, eine andere Bank könne zuschlagen – möglichst schnell über die Bühne bringen wollten.
Dieses Argument ließen Richter und Geschworene allerdings nicht gelten und so wurde Javice letztlich zu 85 Monaten Gefängnis verurteilt.
Auch 300.000 waren ein guter Anfang
So beeindruckend und Javice Idee zunächst gewesen sein mochte und so viel Mut man ihr für ihre Tat wohl zusprechen muss, eine der weltweit größten Banken hinters Licht führen zu wollen, so klar ist ihre Tat auch zu verurteilen.
Besonders absurd daran: Frank war mit seinen 300.000 Usern nach kürzester Zeit ein dennoch mehr als lukratives Projekt, welches in ein paar Jahren vielleicht nicht unbedingt die Zahlen hätte vorweisen können, die Javice vorgab – dennoch wäre es eine so interessante Plattform geworden, dass größere Banken sich dennoch hätten dafür interessieren können.
Obwohl Javice allen anderen immer wieder riet “Träumt groß – aber träumt vor allem klug” flog ihr Betrug letztlich auf, weil sie selbst nur groß, aber nicht allzu klug geträumt hatte.