Er vergab Investments an Unternehmen, die nicht existierten und strich dafür millionenschwere Zuschüsse ein.

Als die millionenschwere Betrugsmasche eines Businessinfluencers auffliegt, bietet er dem Staat an, für den Schaden aufkommen zu wollen und betrügt erneut alle – nur um aus dem Gefängnis heraus dann genauso weiterzumachen.
Die zweite Chance... und die dritte und vierte
Eine zweite Chance. Wir alle brauchen sie irgendwann mal. Wir alle machen mal Fehler – egal ob absichtlich oder versehentlich – und sind froh, wenn man uns verzeiht und die Möglichkeit gibt, uns zu bessern und zu zeigen, dass wir auch anders können.
Nicht nur zwischenmenschlich, sondern auch vor dem Gesetz. Darum sind viele Justizsysteme auf Resozialisierung aufgebaut und wollen Straftätern – von extremen Ausnahmen und Fällen abgesehen – die Möglichkeit zur Besserung bieten.
Was aber, wenn jemand auch diese zweite Chance für weitere Schandtaten benutzt? Und auch seine dritte? Und es aktuell so aussieht, als würde er auch danach nicht damit aufhören, andere Menschen betrügen zu wollen?
Ein (scheinbar) risikofreies System
Nikesh Ajay Patel galt lange Zeit als ein erfolgreicher Geschäftsmann und Businessinfluencer in Florida. Als Gründer und CEO von First Farmers Financial LLC präsentierte er sich Investoren und Geschäftspartnern als seriöser Finanzexperte und machte für sich und sein scheinbar risikofreies Investmentsystem Werbung. Hinter der Fassade verbarg sich jedoch ein komplexes Geflecht aus gefälschten Unterlagen, erfundenen Darlehen und milliardenschwerem Betrug.
Sein Trick: Patel nutzte staatliche Garantien des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) als Lockmittel. Wer in bestimmte Agrarprojekte und Unternehmen investiert, erhält vom Staat Zuschüsse, was ein solches Investment sicherer macht. Quasi eine Win-Win-Win-Situation: Anleger erhalten Sicherheit, Landwirtschaftsunternehmen werden unterstützt und die USA stärken ihre Agrarwirtschaft. Die Aufgabe von Patels Firma war es dabei, Investoren und Unternehmen zusammenzuführen.
Das Problem dabei war allerdings, dass viele dieser landwirschaftlichen Betriebe nicht existierten. Patel täuschte einfach vor, gesicherte Kredite an Hotels und andere Projekte zu vergeben, die angeblich durch das USDA abgesichert waren. In Wahrheit existierten viele dieser Kredite nicht. Die Unterlagen, die Investoren Sicherheit geben sollten, waren schlicht gefälscht.
25 Jahre Haft wegen Betrugs
Während er dieses Spiel gemeinsam mit einem Partner betrieb, glaubte er, ein lückenloses System aufgebaut zu haben, weil er schlicht nicht davon ausgegangen war, dass Investoren und andere Geldgeber mehr über die angeblichen Unternehmen und Gelder erfahren wollten.
Als das Ganze aufflog, stand Patel 2018 erstmals vor Gericht. Der Vorwurf: Er hatte im großen Stil gefälschte Darlehen im Wert von über 179 Millionen US-Dollar verkauft. Das Gericht befand ihn des Drahtbetrugs schuldig – ein schweres Wirtschaftsdelikt in den USA.
Das Urteil war drastisch: 25 Jahre Haft. Damit schien der Fall zunächst abgeschlossen, und die Justiz hatte ein klares Signal gegen Finanzbetrug gesetzt.
Eine “genutzte” zweite Chance
Patel gab sich geläutert, sprach davon, dass das Geld ihn korrumpiert hatte, er seinen Fehler einsah und so gut es ging den Schaden begleichen wollte.
Er bat das Gericht darum, seine Inhaftierung zu verschieben, so dass er seine Zeit in Freiheit dafür nutzen könne, Geld zu verdienen, um einigen Opfern ihr verlorenes Geld zurückgeben zu können und der Richter bewilligte dies.
Das Problem: Bei der vermeintlichen Finanzstudie, die er als Einnahmequelle nannte und die ihm – und damit seinen Opfern – etwa eine Million Dollar bescheren sollte, handelte es sich um eine weiter Betrugsmache.
Mithilfe eines Netzwerks von Strohmännern brachte er gefälschte Finanzprodukte auf den Markt und ergaunerte damit weitere 19 Millionen US-Dollar. Diesmal waren die von ihm aufgeführten Banken zwar echt, hatten aber nie davon gehört, dass Patel in irgendeiner Form mit ihnen arbeiten wollte.
Diese zweite Betrugsserie offenbarte nicht nur seine Skrupellosigkeit, sondern auch seine Hartnäckigkeit: Selbst angesichts einer jahrzehntelangen Haftstrafe war er nicht bereit, von illegalen Geschäften abzulassen.
Zunächst fiel dies allerdings nicht auf, weil Patel mit dem Geld, das er von seinen neuen Opfern ergaunerte, zumindest teilweise die ersten Opfer bezahlte – den Großteil aber in eine Flucht aus den USA investierte.
Patel wollte sich nach Equador absetzen
Das FBI hatte Patel aber im Auge, als dieser fast ein Jahr nach seiner Verurteilung und kurz bevor er tatsächlich in Haft gehen sollte, letzte Vorbereitungen traf, um sich nach Equador abzusetzen.
Er und ein Begleiter wurden am Flughafen abgefangen, als sie gerade in einen Privatjet einsteigen wollten – 20.000 Dollar an Cash im Gepäck.
Das zweite Urteil: 25 Jahre Haft plus 5 weitere Jahre unter Beobachtung – alles unter der Prämisse, dass er darüber hinaus die gestohlenen 179 Mio. Dollar zurückzahlen müsse.
Wo man glauben sollte, dass hiermit wirklich das Ende der Geschichte erreicht ist, setzt Patel aber noch einen drauf!
Komplizenschaft mit seiner Frau
Während er bereits im Gefängnis saß, spann Patel erneut ein Netz aus Täuschungen. Diesmal nutzte er seine damalige Ehefrau Trisha Patel als verlängerten Arm in die Außenwelt. Gemeinsam schmiedeten sie eine weitere Betrugsmasche, bei der es darum ging, nicht existierende Kredite und gefälschte USDA-Dokumente zu verkaufen.
Patel lieferte aus der Haft die Pläne, während seine Frau die Geschäfte nach außen hin abwickelte. Auf diese Weise versuchten beide, zusätzliche Millionen aus Investoren herauszupressen.
Doch das Paar wurde enttarnt. Trisha Patel wurde festgenommen und später zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Für Nikesh Patel bedeutete die Beteiligung an dieser dritten Betrugsrunde, dass sein ohnehin langer Strafkatalog weiter anwuchs.
Im Oktober 2024 erfolgte schließlich das nächste Kapitel der Justizgeschichte. Ein Bundesgericht in Florida verurteilte Patel wegen Verschwörung zum Drahtbetrug und Geldwäsche zu weiteren 27 Jahren Haft.
52 Jahre Haft und 180 Mio. Strafe
Diese Strafe wird nicht parallel, sondern zusätzlich zur ersten Freiheitsstrafe vollstreckt. Patel muss somit insgesamt bis zu 52 Jahre im Gefängnis verbringen. Für den heute noch relativ jungen Mann bedeutet dies faktisch ein Leben hinter Gittern.
Was auffällt: Während der Fall gerade durch die Medien geht und viele das verantwortungs- und skrupellose Vorgehen Patels kritisieren, werden auf der Video-Plattform Stimmen laut, die die gesamte Geschichte umdrehen wollen.
Macht Patel aus dem Gefängnis weiter?
In mehreren KI-generierten Videos wird Patel als Opfer amerikanischer Regierungsintrigen dargestellt, die Situation so geschildert, als hätte er den berühmten Weg aus dem Hamsterrad entdeckt und man versuche nun, ihn aufzuhalten, indem man ihn zu Unrecht ins Gefängnis steckt.
Die von der KI erstellten Bilder und Sprachaufnahmen beschreiben ihn als Menschenfreund, der seinen Reichtum mit der Welt teilte und sich stets für das Gute einsetzte, was viele User davon ausgehen lässt, dass dies der Anfang eines neuen Scams sein könnte, der entweder erneut von Patel selbst ausgeht oder seinen Fall nutzen will, um seine Betrugsmasche als “Lücke im System” zu verkaufen.
Manche Leute lernen wohl wirklich nie aus ihren Fehlern.