"Hoffe du stirbst, genau wie dein Kind": Influencerin wird nach Fehlgeburt mit dem Tod bedroht

Ravenalternative
Raven selbst setzte sich für Positivität ein, erntete selbst aber nur Hass. | © Ravenalternative / Instagram

Manchmal sind Männer schon untereinander keine sonderlich angenehmen Zeitgenossen. Wenn sie sich dann aber noch zu Frauenthemen oder Frauen im Allgemeinen äußern, wird das Ganze häufig nur noch schlimmer. Glauben sie dann aber auch noch, im Internet anonym zu sein, zeigen sie ihr teils ekelerregendes wahres Gesicht aber erst recht.

Besonders Frauen, die sich selbstständig eine Karriere aufbauen, scheinen für viele dieser Männer ein rotes Tuch zu sein, was sie dann mit bösartigen Aussagen, beleidigenden Kommentaren und sogar Drohungen beweisen.

Erfolgreiche Frauen als Feindbild

Ravenalternative ist ein besonders gutes, aber gerade deswegen auch so erschreckendes Beispiel in Sachen Hass gegen Frauen im Internet.

Der Streamerin folgen auf Twitch fast 80.000 Menschen, auf Instagram sogar 800.000 und sehen ihr etwa dabei zu, wie sie Games wie Ark: Survival Evolved oder Baldur’s Gate 3 zockt, über Mode, Styling, Cosplay und Anime philosophiert oder über ihr eigenes Leben berichtet.

Gerade letzteres bietet dabei eine enorme Angriffsfläche, wie sich jetzt für die aus Wales stammende Creatorin herausstellte – denn Menschen (und dabei vorwiegend Männer) waren der Meinung, dass die 25-Jährige aufgrund einer erlittenen Fehlgeburt Beleidigungen und Bedrohungen gegen sich, ihr verstorbenes Kind, ihre Familie und auch zukünftige Kinder verdient habe.

"Da ist Hoffnung im Kummer"

Im Juli hatte Ravenalternative ihren Followern mitgeteilt, dass sie eine Fehlgeburt erlitten hatte. Sie teilte dies mit ihrer Community, um sie über die aktuell schwere Zeit und das eventuelle Ausfallen von Streams in Kenntnis zu setzen, aber auch um anderen Frauen, die sich in einer ähnlichen Lage befanden, Worte des Trostes zu spenden.

Denn Raven war darum bemüht, Positives aus dieser schrecklichen Tragödie zu ziehen und erklärte, dass sie, so grauenvoll dies alles für sie war, sie in der Situation auch Hoffnung schöpfen würde: Bisher hatten Ärzte ihr nämlich immer wieder versichert, dass sie unfruchtbar sei.

Auf Twitter schrieb sie:

Ich hatte heute eine Fehlgeburt. Und auch wenn dies alles unglaublich schmerzhaft ist, habe ich etwas Unglaubliches erkannt: Ich kann ein Kind bekommen.
Was längst als unmöglich abgetan war, ist nun möglich.
Da ist Hoffnung im Kummer.

Wo zumindest noch die Frage, warum sie dies so unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus postete, verständlich wäre (wenn gleich auch niemand darüber urteilen dürfte, wann jemand egal was postet), zeigen andere Reaktionen auf ihren Tweet die schlimmste Seite des Internets.

Todesdrohungen nach Fehlgeburt

Unter dem Post und einem später von ihr veröffentlichten Video, in dem sie erneut darauf einging, dass sie die Fehlgeburt gleichermaßen als unendlich schrecklich und dennoch als Zeichen der Hoffnung verstand, tummelte sich das – vorwiegend männliche – besonders hässliche Internet und schrieb beleidigende, frauenfeindliche und menschenverachtende Kommentare, aber auch private Nachrichten an Raven.

Sätze wie “Hoffe du stirbst, genau wie dein Kind”, “sie verdient eine zweite Fehlgeburt” oder “ihr Baby ist an Cringe gestorben LMFAO!” waren dort zu Dutzenden zu lesen.

Raven erhielt Todesdrohungen, die ihr so zusetzten, dass sie einige ihrer Videos wieder offline nahm um zumindest die dort geposteten Kommentare nicht mehr sehen zu müssen. Gleichzeitig wurde ihr bürgerlicher Name, ihre Wohnadresse sowie private Infos zu ihrer Familie im Internet veröffentlicht.

Raven sorgt sich um Familie und Katze mehr, als ihr eigenes Leben

Während sich die junge Streamerin dazu entschloss, in der nächsten Zeit keine positiven Inhalte mehr zu posten, Kommentare und Nachrichtenfunktionen unter ihren Inhalten stark einzuschränken und alles daran zu setzen, ihre privaten Daten aus dem Internet entfernen zu können, richtete sie eine Botschaft an ihre Community sowie ihre Hater, die ihr besonders am Herzen lag.

Mir ist egal, ob ihr mich findet, mir ist egal, ob ihr mir weh tut. Aber: Bitte! Lasst meine Familie und meine Katze in Ruhe. Sie haben nichts getan und haben es nicht verdient, dafür bestraft zu werden, einfach nur in meinem Leben zu sein. Sie haben euch nichts getan, lasst sie in Ruhe.

Hass gegen Frauen im Netz als Trend

Bereits im Jahr 2014 belegte eine repräsentative Umfrage aus den USA durch das Meinungsforschungsinstituts Pew, dass die Art an Häme und Hass, die Menschen im Internet entgegenschlägt, geschlechtsspezifisch unterschiedlich ausfällt.

Während Männer in erster Linie vorgeführt und beleidigt wurden, waren Frauen vor allem das Opfer von Erniedrigung, sexueller Belästigung und Gewaltandrohung. Besonders drastisch: Gerade für Frauen schlug dieser Hass auch damals schon immer wieder in reelle Taten um, wenn Kommentatoren dazu übergingen, sie ausfindig zu machen, zu verfolgen und zu stalken.

Auch aktuelle Studien bestätigen dies und zeigen, dass der Trend sogar zu noch extremerem geht. "Mapping the GerManosphere", eine Pilotstudie des Exzellenzclusters Contestations of the Liberal Script an der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit dem ISD Germany, beschäftigt sich mit der Frage danach, wie weit frauenfeindliche Strukturen im Internet verankert sind.

Dabei werden auch die wichtigsten Akteure der sogenannten “Mannosphäre”, die sich aus unter anderem Incels und Pick-Up-Artists sowie ihren Follower zusammensetzt , analysiert.

Laut Sina Laubenstein vom "Institute for Strategic Dialogue", die die Studie mitbetreute, geht von solchen Accounts und den ihnen zugrundeliegenden Bewegungen eine große Gefahr, besonders für Frauen, aus. Dies gilt auch außerhalb des Internets, da sie “dieses antifeministische, frauenfeindliche Weltbild weiter vorantreiben und auch zu Gewalt aufrufen”.

Auch die Gamingwelt zeigt sich immer wieder anfällig für ausgeprägte Misogynie, wie etwa beim Unverständnis gewisser Communities, als Steam sich dazu entschied, ein Spiel, welches Inzest und Vergewaltigungsfantasien zum Inhalt hatte und mit Sätzen wie "Akzeptiere kein Nein als Antwort" oder "Besitze jede Frau" warb, von ihrer Plattform zu entfernen.

Daniel Fersch

Daniel schreibt über so ziemliches alles, was mit Games, Serien oder Filmen und (leider) auch fragwürdigen Streamern zu tun hat – insbesondere, wenn es dabei um Nintendo, Dragon Ball, Pokémon oder Marvel geht....