TikTok-Chirurgin verpfuscht OP und wird zur Strafe an die russische Kriegsfront geschickt

Von Highclass-Nasenverschönerungen zum provisorischen Flicken von Kriegswunden?

Tik Tok Chirurgin
Das Ankündigungsvideo der Chirurgin in der Ukraine eingesetzt zu werden, sorgt auch für Verwunderung. | © TikTok / YouTube

Die russische plastische Chirurgin und Influencerin Ekaterina Alexandrowna Lonskaya stand im Zentrum eines medizinischen und politischen Skandals, der weit über die Grenzen Russlands Aufmerksamkeit erregte.

Aus dem OP in den Knast?

Bisher schien die Karriere Lonskayas blendend zu verlaufen. Nicht nur in ihrem Beruf als Schönheitschirurgin war sie überaus erfolgreich, die Zelebrierung ihrer Arbeit über ihre Social Media Kanäle bescherte ihr Tausende von Followern (und potenziellen Neukunden). Ein vermeintlicher Routineeingriff veränderte jedoch das Leben ihrer Patienten, genau wie ihres zum absolut Schlechten.

Im Herbst 2023 führte sie eine Blepharoplastik – also eine Lidstraffung – an Inna Boroda, der Ehefrau eines hochrangigen Vertreters der Föderation der jüdischen Gemeinden Russlands, durch. Ein eigentlich harmloser Eingriff, der laut Artikeln des Lippincott Verlags nur in 3% der Fälle Probleme verursacht, endete laut Gerichtsunterlagen diesmal mit schweren Komplikationen: Angeblich hatte Lonskaya zu viel des Lids entfernt, so dass die Patientin ihr Auge nicht mehr vollständig schließen konnte. Dies soll nicht nur zu heftigen Schmerzen, sondern letztlich auch einer Ablösung der Netzhaut geführt haben. Trotz mehrerer kostspieliger Operationen im Nachgang erlitt Boroda dauerhafte Sehschäden – Berichten zufolge soll sie auf einem Auge nur noch etwa 30 % Sehkraft besitzen.

Ein Moskauer Gericht verurteilte Lonskaya 2024 wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu elf Monaten Haft in einer sogenannten Kolonie-Siedlung sowie zu einem mehrjährigen Berufsverbot im Bereich der plastischen Chirurgie.

Lonskaya bestritt ihre Schuld von Beginn an und legte Berufung ein – erfolglos.

Unerwartete Wendung: Kriegsgebiet statt Gefängnis?

Dann wurde es still um Lonskaya. Sämtliche Social Media Accounts wurden auf privat gestellt, in der Bio war nur noch zu lesen, dass ihre Praxis geschlossen sei.

Im Herbst 2025 veröffentlichte sie dann aber überraschend ein Video, in dem sie erklärte, sich in die sogenannte Zone der „Spezialmilitäroperation“ (SVO) begeben zu haben – ein Begriff, mit dem Russland den Krieg in der Ukraine bezeichnet. Dort wolle sie als Chirurgin russische Soldaten behandeln.

Mehrere russische Medien berichteten unter Berufung auf ihren Anwalt, Lonskaya habe einen Vertrag mit dem russischen Verteidigungsministerium geschlossen. In manchen Artikeln heißt es, der Vertrag könne zu einer Aussetzung oder Aufhebung ihrer Haftstrafe führen. Offiziell bestätigt wurde dies jedoch nicht.

Damit steht ein Verdacht im Raum, der weit über den Einzelfall hinausweist: Nutzt der russische Staat militärische Verträge als Alternative zur Strafvollstreckung? Offizielle Regierungsquellen schweigen zu dem Vorgang.

Zwischen Propaganda und Realität

Eine vollständige Einordnung der Situation bleibt schwierig. Zu Unklar ist der Wahrheitsgehalt der Aussagen Lonskayas sowie der Vorgänge innerhalb des russischen Regierungsapparats.

Kritiker sehen in ihrer Geschichte ein mögliches Beispiel für eine staatliche Rehabilitationsstrategie: Wer strafrechtlich in Ungnade fällt, kann durch Einsatz im Krieg wieder politisch loyal wirken. Andere Beobachter halten das Narrativ für Propaganda, die gezielt Emotionen wecken soll.

Denn viele Fragen bleiben offen: Wie freiwillig ist die Entscheidung der Chirurgin getroffen worden? Was bedeutet ein solcher Vertrag für andere Straftäter, vielleicht sogar mit weitaus schlimmerer krimineller Vergangenheit? Könnte ein solcher Fall als “Freibrief” für Kriminelle gelten, die einer Haftstrafe entkommen wollen und sich stattdessen am Krieg in der Ukraine beteiligen wollen, wo viele Aktionen vonMilitärs ebenfalls kritisiert und als strafrechtlich problematisch angesehen werden?

Wie ist eure Meinung zu der Thematik? Seht ihr in dem Fall einen ausgeführten Propaganda-Streich oder eine tatsächliche Alternative mit Blick auf "kreative Bestrafungsmethoden"?

Daniel Fersch

Daniel schreibt über so ziemliches alles, was mit Games, Serien oder Filmen und (leider) auch fragwürdigen Streamern zu tun hat – insbesondere, wenn es dabei um Nintendo, Dragon Ball, Pokémon oder Marvel geht....