Wer hätte gedacht, dass es KEINE gute Idee ist, einem tobenden Sturm entgegenzufliegen?
Ob, weil wir uns davon inspirieren lassen oder weil wir unbewusst beeinflusst werden: Wenn ein Urlaubsgebiet in aller Munde ist, neigen mehr und mehr Leute dazu, dort auch ihre freien Tage verbringen zu wollen.
Irgendwo ja auch nachvollziehbar: Bilder von weißen Stränden und einem strahlend blauen Meer machen vielen Leuten Lust darauf, auch genau dort einen Cocktail zu schlürfen, während die Haut langsam ein schrilles Rot annimmt.
Influencerin reist in Hurricanegebiet
TikTokerin Hannah Grubbs allerdings, wurde nicht von der Vorstellung angelockt, sich das kühle Meer um die Beine plätschern zu lassen und ihren Drink direkt aus einer frischen Kokosnuss zu trinken, sondern von tosendem Wind und Sonnenschirmen, die zu tödlichen Geschossen werden.
Denn als die Influencerin erfuhr, dass ein Kategorie 5 Hurricane (also ein Sturm der höchsten Stufe) sich seinen Weg nach Jamaika bahnte, entschied sie, dass dies genau das richtige Reiseziel wäre – um damit ordentlich Aufmerksamkeit erhaschen zu können.
Während Land und Leute vor dem herannahenden Hurricane Melissa gewarnt wurden und Premierminister Andrew Holness betonte, dass die Infrastruktur der karibischen Inselnation dem Unwetter kaum standhalten könnte, packte Grubbs ihre sieben Sachen, ihr Handy und ein paar "witzige" Sprüche, die zeigen sollten, wie dramatisch die Naturkatastrophe ihren Urlaub ruinieren würde und flog los.
Ihre knapp 180.000 Follower nahm sie dabei natürlich mit – denn für genau die und den Wunsch, dass es noch viel mehr werden würden, machte sie das Ganze ja überhaupt.
Spiel mit der Gefahr
Bisher war ihr Content relativ durchschnittlich. Typische Urlaubsvideos von einer normalen jungen Frau, die mal das große Los mit ihrem Trip zog und mal eine herbe Enttäuschung erlebte. Genau das schien ihre Fans auch zu begeistern, wenn sie ehrliche Eindrücke teilte.
Nun war Grubbs dies wohl aber nicht mehr genug und ein skandalöser Ausflug mitten ins Hurricane-Gebiet sollte ihre TikToks viral gehen lassen.
Entsprechend schlachtete sie das Thema aus und schon der erste Clip wurde mit der Beschreibung “Wir auf dem Weg nach Jamaika – und das während eines Hurricanes!” unterlegt.
In einem Video vor Ort, dass die beiden dabei zeigte, wie sie mit tropischen Cocktails anstießen hieß es “Wir tun so, als würde uns kein Kategorie-5-Hurrikan Jamaika treffen” und spielte dabei pietätlos mit der Gefahr, die für die Menschen vor Ort bestand, um ihre Posts viral gehen zu lassen.
Influencerin weht Kritik entgegen
Allerdings kam mit der Aufmerksamkeit die Grubbs so erreichte, auch mehr und mehr Kritik. Eine Userin schrieb:
Das ist kein bisschen niedlich. Menschen für dich arbeiten zu lassen, während diese sich eigentlich um die Sicherheit ihrer Familie kümmern sollten. Das zeugt von schlechtem Geschmack.
Eine andere führte aus:
All diese Hotelarbeiter sorgen sich um ihre Familien, müssen sich aber damit abgeben, Touristen zu helfen. Ihr fliegt irgendwann wieder heim und sie müssen die Trümmer aufsammeln.
Als Melissa Jamaika dann tatsächlich erreichte, schlug Grubbs Stimmung auch ziemlich schnell um – fast als hätte sie in diesem Moment erst begriffen, was sie getan hatte. Ab dem 26. Oktober waren sämtliche Flughäfen geschlossen, um zu verhindern, dass Menschen in der Luft zu Schaden kommen könnten, was auch bedeutete, dass Grubb auf Jamaika bleiben musste. In einem Video zeigte sie, dass Hotelmitarbeiter ihre Fensterscheiben abklebten, um sicherzugehen, dass wenn diese zu Bruch gingen, sich niemand verletzten würde.
Mit einem Post, der eine Wetterkarte zeigte auf der der Sturm als gewaltiger, schwarzer Wirbel dargestellt wurde, bat sie ihre Follower darum, für sie zu beten.
Mehr als 240.000 Menschen waren ohne Strom, knapp 6.000 hatten ihr Obdach und 67 Menschen sogar ihr Leben verloren.
Die Influencer selbst war in Sicherheit geblieben und hatte den waghalsigen Trip überstanden – ihrem Ansehen in der Community tat das Ganze allerdings weniger gut.
Influencerin deaktiviert kritische Kommentare
Der Backlash, den Grubbs erfuhr, weil man ihr Elendstourismus und die Ausbeutung der Situation der Menschen vor Ort vorwarf, sorgte letztlich auch dafür, dass sie viele ihrer Posts nachträglich wieder entfernte. Bei den verbliebenen, die sie vermutlich deshalb auf ihrem Account ließ, weil sie besonders viral gegangen waren und dementsprechend hohe Aufrufzahlen zeigten, deaktivierte sie die Kommentare.
Grubbs zeigt deutlich, wie Influencer um der Likes und Aufmerksamkeit Willen ausblenden, wie pietätlos oder gar gefährlich ihre Aktionen sein können und sich und andere dafür in Gefahr bringen. Die bewusste Entscheidung, an einen Ort zu fahren, der von einer Naturkatastrophe heimgesucht wird und sich erst wenn es zu spät ist, wirklich darüber bewusst zu werden, was man da tut, macht klar, dass Influencer wie sie sich wenige bis keine Gedanken über Konsequenzen machen und ihre fragwürdigen Taten meist gar nicht zu Ende denken, weil lediglich die Frage im Raum steht, ob dabei ein viraler Clip entstehen könnte.
Bleibt zu hoffen, dass zumindest Grubbs selbst daraus gelernt hat und sich so schnell nicht erneut in ein Hurricane-Gebiet wagt.