Zwischen Ponyhof und Psychothriller: Equinox: Homecoming

Ein Pferdespiel mit True-Crime-Twist? Equinox: Homecoming mischt Stallromantik mit Mystery-Vibes – und überrascht auf ganzer Linie.

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Reite mit mir in den Sonnenuntergang. | © Blue Scarab Entertainment

Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, dass ich meine Freizeit freiwillig in einem Pferdespiel verbringen würde – ich hätte vermutlich gelacht, mir ein Glas Wein eingeschenkt und das Thema gewechselt. Aber dann kam Equinox: Homecoming. Ein cozy Pferdeabenteuer in einer offenen Multiplayer-Welt mit mysteriöser True-Crime-Handlung? Das klang so bizarr, dass ich einfach klicken musste.Und siehe da: Ich wurde nicht enttäuscht. Die ersten Spielstunden fühlen sich an wie Life is Strange – nur eben auf dem Rücken eines Pferdes. Und mit Freund:innen.

Eine Welt zum Verlaufen – und Verlieren

Die Welt von Equinox ist groß, atmosphärisch und überraschend liebevoll gestaltet. Dichte Wälder, steile Küstenstraßen, ein Leuchtturm, der sich perfekt für nächtliche Plottwists eignet – es ist alles da. Besonders stimmungsvoll: Verlassene Minenschächte, eine abgeschirmte Villa und ein Leichenschauhaus mitten in der Stadt. Vieles davon kann man aktuell nur anschauen, aber das Teasing funktioniert: Ich will wissen, was es mit diesen Orten auf sich hat.

Pferdemist und Mystery: Die Story

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Irgendwas stimmt mit Mutti nicht. | © Blue Scarab Entertainment

Die Handlung ist – und das meine ich ganz unironisch – das Spannendste am Spiel. In Rückblicken erfahren wir, dass unsere Mutter irgendetwas befürchtete und uns auf eine Bedrohung vorbereiten wollte. Was genau passiert ist, bleibt zunächst im Dunkeln. Sicher ist nur: Sie ist weg. Ihr Pferd auch. Eine tote junge Frau wurde in den Wäldern gefunden, und irgendwo da draußen grasen fleischfressende Rehe. Kein Witz.

Das alles ist herrlich verstörend, weird und genau mein Ding. Ich will wissen, was mit diesem Ort nicht stimmt – und hoffe inständig, dass die Story künftig so viel liefert, wie sie verspricht.

Gemeinsam galoppieren – Multiplayer mit Potenzial

Der Multiplayer-Aspekt ist angenehm unaufdringlich. Man kann mit Freund:innen einfach einem Server beitreten, gemeinsam durch die Welt streifen, Rennen austragen oder Aufgaben erledigen. Die Story erlebt dabei jede:r für sich – keine Cutscenes, keine Synchronisierung, keine Komplikationen. Gruppenfunktionen sind angekündigt, aber noch nicht freigeschaltet.

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Hüüüüa! | © Blue Scarab Entertainment

Für Rollenspiel-Enthusiasten gibt’s bereits jetzt kleine Highlights wie Dressurvierecke und eine Reithalle. Und ja, es gibt auch einen Pferdehändler – derzeit noch ohne Funktion, aber man ahnt: Da kommt noch was.

Ein besonderes Lob verdient das Spiel für seinen Umgang mit Pferdepflege. Wer will, kann striegeln, füttern und Hufe auskratzen – aber niemand wird gezwungen, täglich virtuelle Stallarbeit zu leisten. Der Fokus liegt klar auf Erkundung, Story und dem gemeinsamen Spielerlebnis – nicht auf digitalem Misten.

Early Access mit offenen Zügeln und technischen Hürden

Man merkt dem Spiel allerdings an, dass es sich noch in einem sehr frühen Stadium befindet. Die Charaktermodelle sind generisch, das Interface wirkt wie aus der Pferdehölle von 2008, und das erste Kapitel ist eher Tutorial als Thriller. Auch die Quests sind momentan wenig spektakulär: Bring dies, hole das, gewinne fünf Rennen. Als Belohnung winkt Geld für neue Sättel, Klamotten und Reputationspunkte – wer auf gemütliches Grinden steht, kommt hier auf seine Kosten.

So atmosphärisch die Welt auch ist – sie hat ihren Preis. Equinox: Homecoming frisst Performance wie ein durchgegangenes Rennpferd. Mein High-End-Rechner kommt ins Schnaufen, und ich frage mich ernsthaft, ob das mit der eigentlichen Zielgruppe (Cozy-Fans mit Mittelklasse-Hardware?) gutgehen kann.

Fazit: Zwischen Stallromantik und Schauerdrama

Equinox: Homecoming ist ein seltsames Biest – und genau das macht es so spannend. Ja, es ist unfertig. Ja, es hat Ecken und Kanten, die sich nicht mit einem neuen Sattel beheben lassen. Aber es hat auch eine Idee, die über das Gewohnte hinausgeht: Ein Cozy-Pferdegame, das sich traut, düster zu werden. Das Mysterien andeutet, statt sie plump zu erzählen. Und das dich mit einem Gefühl zurücklässt, das irgendwo zwischen Neugier und Gänsehaut liegt.Ich bleibe jedenfalls im Sattel – und warte gespannt auf das nächste Kapitel.

Johanna Goebel

Johanna studiert Online-Redaktion in Köln und ist schon seit dem Kleinkindalter in der Gamingwelt unterwegs. Ihr Herz schlägt für Open-Worlds, Action- oder Fantasy-RPGs und Third-Person-Shooter mit guten Storylines und (un-)charmanten Charakteren....