Keine Lizenz zum Töten: Amazon nimmt James Bond seine Pistole weg

Der Mann OHNE den goldenen Colt

Amazon James Bond Poster Change
Die Vorschau für 007 jagt Dr. No (1962) auf Amazon Prime Video UK, veränderte Version links und Original rechts | © Amazon

Ian Flemings berühmtes Spionagethriller-Franchise James-Bond/007, vor allem die jahrzehnteübergreifende Filmreihe, ist bekannt für ihre einige stetig wiederkehrenden Kernelemente: Beeindruckende Intros, übertriebene Stunts, oberflächliche Liebesgeschichten und erbarmungslose Kampfszenen.

Vor allem Letztere haben die Marke gleichermaßen beliebter und kontroverser gemacht; waren doch Gewaltdarstellungen auf der Leinwand lange verpönt. In einem offensichtlichen Versuch, diesen Aspekt der Bond-Formel zu entschärfen, hat der neue Rechteinhaber Amazon kürzlich existierendes Werbematerial für die Filme durch zensierte Versionen ersetzt.

Zensiertes Werbematerial

Dabei ist es ist nicht ungewöhnlich, dass Streaming-Dienste bearbeitete Versionen von bestehendem Marketingmaterial für Filme verwenden, wenn diese auf ihrer Plattform erscheinen. Da Menüsymbole und Vorschaufenster von Apps und Websites oft andere Auflösungen und Formate verwenden als beispielsweise ein altes Filmplakat, ist das Zuschneiden und Photoshoppen von Bildteilen nur sinnvoll.

Als jedoch Anfang Oktober 2025, kurz vor dem „James Bond Day“ am 5. Oktober, Berichte aufkamen, Amazon Prime Video UK habe heimlich bestehende Streaming-Artworks verändert, waren einige Fans empört: Das Unternehmen hatte offensichtlich Bonds Schusswaffe aus den Postern von Klassikern wie 007 jagt Dr. No (1962), GoldenEye (1995) und Spectre (2015) entfernt oder herausgeschnitten, weswegen Vorwürfe des „kulturellen Vandalismus“ laut wurden.

Am 6. Oktober zog Amazon die bearbeiteten Bilder stillschweigend zurück oder ersetzte sie, ohne eine Erklärung abzugeben. Stattdessen erschienen neue Vorschaubilder basierend auf Standbildern aus den Filmen – teils weiterhin ohne Waffen. Bereits im Vorjahr war das Key Art von Full Metal Jacket (1987) ähnlich verändert worden: Der Schriftzug „Born To Kill“ auf dem Helm der Hauptfigur wurde erst entfernt, dann nach einem öffentlichen Aufschrei wieder hinzugefügt.

Verwischte Identität

Als Amazon im März 2022 MGM für rund 8,5 Milliarden US-Dollar kaufte, erbte es die Vertriebsrechte an der James-Bond-Reihe, die lange Zeit im Mitbesitz von Eon Productions war. Im Februar 2025 schloss der US-amerikanische Megakonzern dann einen Vertrag mit Eon ab, der ihm die volle kreative Kontrolle über das geistige Eigentum einräumte. Fans befürchteten, die neuen Inhaber würden versuchen, die Marke anzupassen, um sie massentauglicher zu machen.

Die im Oktober 2025 ausgetauschten Bond-Poster ohne Schusswaffe verstärkten diese Befürchtungen. Online argumentierten Kritiker, das Entfernen der Waffe – eine visuelle Darstellung Bonds „Lizenz zum Töten“ – sei emblematisch für ein Missverständnis der Kernidentität der Figur. Die Reaktionen in den sozialen Medien spiegelte die Sorge wider, das Erbe der Reihe könnte Marketinginstinkten zum Opfer fallen.

Fans befürchten nun, dass ähnliche Abmilderungsversuche künftig auch die Filme selbst treffen könnten, um ein werbefreundlicheres Markenimage zu etablieren. Auch die Verpflichtung von Denis Villeneuve als Regisseur des nächsten Teils werten viele als Hinweis darauf, dass Amazon die weltbildlich fest im Kalten Krieg verankerten Geschichten der Reihe, welche die letzten Jahrzehnte Kinogeschichte geprägt haben, zugunsten höherer Umsätze aufweichen könnte.

Adrian Gerlach

Adrian ist fasziniert von Games aller Alters- und Qualitätsklassen. Zeitmangel bereitet ihm diese Interessensvielfalt trotzdem nicht; man kann ja im Schlaf weiter träumen....