Quasi bereits eine Tradition, Gimmicks über Praktikabilität zu stellen...

Rückblickend gilt Nintendos Virtual Boy-Handheld in der Videospielbranche vor allem als Lachnummer: Gewagtes Konzept, aber in der Praxis unausgereift und letztendlich die am schlechtesten verkaufte eigenständige Videospielkonsole des Unternehmens.
Umso überraschender war die Ankündigung im Rahmen der Nintendo Direct am 12. September 2025, dass der berüchtigte Flop nach 30 Jahren zurückkehren würde. ...Wenn auch in einem Format, welches bei den Fans vor allem Verwirrung und Ärger auslöste.
Träume von Virtual Reality
Die vierjährige Entwicklungsphase des Nintendo Virtual Boy begann mit einer Technologie des Unternehmens RTI: Ein Prototyp eines stereoskopischen Displays mit Head-Tracking namens „Private Eye“. Während Sega zu viele Probleme bei der praktischen Umsetzung sah, fand Nintendo-Legende Gunpei Yokoi (unter anderem Erfinder des Game Boy), dass die Idee Potenzial habe.
Die Technologie erwies sich jedoch bald als überambitioniert: Zur Markteinführung 1995 hatte Nintendo das Vollfarbdisplay durch rote LEDs ersetzt, um den Preis zu senken (damals von 500 auf 180 Dollar, umgerechnet und inflationsbereinigt also etwa von 900€ auf 325€), und die Head-Tracking-Funktion aufgrund von Verbraucherschutz-Bedenken (nahmhaft Übelkeit und Augenschäden durch längeres Spielen) entfernt.
Am Ende blieb vom anfänglichen Versprechen einer Virtual-Reality-Maschine nur ein unbequemer, schwarz-roter Handheld mit stereoskopischem 3D übrig – eine Form, in der Yokoi das System eigentlich nie auf den Markt bringen wollte. Auch der Software-Support war begrenzt, da Nintendo lieber die Spieleentwicklung für den damals bald erscheinenden Nintendo 64 priorisierte.
Ein rotes Grauen

Trotz anfänglicher Verkaufsprognosen in Millionenhöhe wurden bis Ende 1995 in Nordamerika nur etwa 350.000 Einheiten abgesetzt. Im darauffolgenden Jahr wurde das System eingestellt, mit letztlich nur 770.000 Verkäufen, also weit weniger als ihre zweitunerfolgreichste Konsole, die Wii U, mit ihren 13.560.000 Einheiten. Hierzulande wurde die Konsole gar nicht erst veröffentlicht.
Dabei hatte Nintendo viel Geld ins Marketing investiert und den Virtual Boy als nächsten großen technologischen Fortschritt dargestellt. Doch Mitte 1996 schon wurden die Geräte teilweise neu für 50 Dollar verscherbelt. Somit war das Schicksal des Virtual Boy als einer der größten Fehltritte Nintendos besiegelt.
Trotz technischer und kommerzieller Probleme war die Spielebibliothek der Konsole (obwohl sie nur 22 verschiedene Titel umfasste, verglichen mit den 1042 des Game Boy) nicht durchgehend schlecht. Jedoch schien das japanische Unternehmen diesen Fehltritt stets gründlich unter den Teppich kehren zu wollen... bis jetzt.
Störung der Totenruhe
Ab dem 17. Februar 2026 werden 15 Virtual-Boy-Titel im Rahmen des Nintendo Classics-Service verfügbar gemacht. Dies geschieht über die neue Virtual Boy – Nintendo Classics-App, die in dem Abo-Service Nintendo Switch Online + Erweiterungspaket enthalten ist (derzeit 40 Euro pro Jahr).
Zuvor hatte sich das Unternehmen partout geweigert, beispielsweise die Möglichkeiten des Nintendo 3DS zu nutzen, welcher über dasselbe stereoskopische 3D wie der Virtual Boy verfügte und somit potenzielle Virtual Boy-Neuveröffentlichungen perfekt hätte emulieren können. Anders sieht es hingegen bei Nintendo Switch und Nintendo Switch 2 aus:
Um hier in den Genuss von stereoskopischem 3D für die Virtual-Boy-Spiele zu kommen, wird der Kauf von Zubehör fällig. Aber nicht nur das: Obwohl alle Spiele theoretisch problemlos in 2D spielbar sind, wurde angekündigt, dass das Zubehör – ein Plastik- oder Papp-Gestell mit eingebauter 3D-Brille für jeweils 80€ oder 20€ – zum Spielen VERPFLICHTEND sein wird. Egal, ob man nun mit oder ohne stereoskopischem 3D spielen möchte.
Ein unsanftes Erwachen

Gerade diese Ankündigung hat bei den Fans für Besorgnis und Ärger gesorgt: Nicht nur ist diese Entscheidung scheinbar eine weitere in jüngerer Vergangenheit, die rein durch Profitgier motiviert ist – es gibt ja keinen leistungsbezogenen Grund gibt, Kunden zum Kauf des Add-ons zu zwingen –, sondern sie ist auch nachteilig für die Zugänglichkeit der Spiele:
Da Spieler ihre Nintendo Switch- oder Nintendo Switch 2-Systeme in dem Zubehör lassen müssen, sind die Spiele nicht auf dem Fernseher spielbar, wodurch das buchstäblich im Namen der Switch steckende Hauptfeature untergraben wird. Zudem ist es für Spieler mit körperlichen Einschränkungen eventuell nicht möglich, eine Position einzunehmen, aus der heraus sie direkt in das Headset schauen können. Gleichtes gilt für die häufig unpraktischen Joy-Con-Controller, die laut Trailer ebenfalls zum Spielen benötigt werden.
Falls Leser dennoch Interesse an den Spielen haben, die ab dem 17. Februar 2026 über einen längeren Zeitraum hinweg veröffentlicht werden, folgt hier eine Liste aller 15 bestätigten Titel:
- 3D Tetris
- Galactic Pinball
- Golf
- Innsmouth no Yakata
- Jack Bros.
- Mario Clash
- Mario's Tennis
- Red Alarm
- Space Invaders Virtual Collection
- Teleroboxer
- V-Tetris
- Vertical Force
- Virtual Bowling
- Virtual Boy Wario Land
- Virtual Fishing (nur für Abonnenten in Japan verfügbar)
Im Umkehrschluss sind also mehrere Virtual-Boy-Spiele noch nicht bestätigt worden:
- Bound High (spielbar, aber nie offiziell veröffentlicht)
- Nester's Funky Bowling
- Niko-chan Battle (spielbar, aber nie offiziell veröffentlicht)
- Panic Bomber
- SD Gundam Dimension War
- Space Pinball (spielbar, aber nie offiziell veröffentlicht)
- Space Squash
- Virtual Lab
- Virtual League Baseball
- Waterworld
Doch was ist eure Meinung? Geht Nintendo mit diesem Zubehör-Zwang zu weit? Oder könnte es dafür einen guten Grund geben? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!