Der #MuskWeidel Space war ein absoluter Fiebertraum

Wir haben uns den Wahnsinn angetan, damit ihr es nicht müsst.

Weidel X Musk
Für wen sich dieses Gespräch wirklich gelohnt hat, bleibt fraglich. | © EarlyGame

AfD-Vorsitzende Alice Weidel hat sich mit X-CEO Elon Musk zum Gespräch getroffen. Dass dies absurde Ausmaße annehmen würde, war abzusehen – wie irre das Ganze aber tatsächlich wurde, haben wir für euch analysiert.

In Zeiten, in denen Bernie Sanders mit Pokimane streamt, scheint es im Zusammentreffen von US Politik und dem Internet nichts mehr zu geben, was es nicht gibt und wenn dann auch noch Elon Musk irgendwie involviert ist, kann man die Vernunft schon mal getrost über Bord werfen. Dennoch hat sein Gespräch mit Alice Weidel Wellen geschlagen – aber nicht unbedingt aus den Gründen, die sich die AfD-Vorsitzende erhofft hat.

Der #MuskWeidel Fiebertraum auf X

Der zu erwartende Ton des Gesprächs zwischen Weidel und dem X-CEO auf dessen Plattform war schon durch diverse Äußerung Musks und nicht zuletzt seinem Gastbeitrag in der Welt geebnet.

So hatte Musk die AfD als “letzten Funken der Hoffnung für Deutschland” bezeichnet und sich innerhalb seines Pamphlets sogar zu fragwürdiger Apologetik hinreißen lassen, in dem er erklärte, dass Weidel keinesfalls Befürworterin von Hitlers Ideologien sein könne, sei sie selbst doch in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung mit einer Partnerin aus Sri Lanka.

Im Zuge des Livestreams der beiden wurde dann aber klar, dass die Ausführungen Musks wohl nicht zuletzt darin begründet liegen, dass er sich nicht all zu intensiv mit seiner Gesprächspartnerin und ihrer Partei beschäftigt hatte.

Ein mehr als holpriger Start

Ein erster Indikator ließ sich schon in der Einleitung des Gesprächs ausmachen. So stellte Musk Weidel als “Alice Wiedel” und “Spitzenkandidatin um das Bundeskanzler-Amt" vor, um Weidel daraufhin darum zu bitten, den amerikanischen Zuhörern zu erklären, wer oder was die AfD überhaupt sei.

Alice Weidel, sichtlich überrascht von diesem Anfang, geriet etwas ins Straucheln, begann bei den anti-europäischen Ursprüngen ihrer Partei und wollte bei alledem nicht so ganz warm werden.

So mutet der Großteil der Zusammenkunft eher wie ein Interview als eine Unterhaltung an, in der Musk Fragen stellte, die nur weiter die Vermutung untermauern, dass er sich zuvor nicht wirklich mit dem Parteiprogramm der AfD auseinandergesetzt hatte.

Sonst wären ihm eventuell auch die offensichtlichen Streitpunkte seiner Ziele mit den Ansichten der AfD und ihrer Wähler aufgefallen, schließlich sieht ein großer Teil der rechtspopulistischen Wählerschaft Themen wie Immigration, Globalisierung oder die Person Musks selbst als Feind an.

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Was wie die Ankündigung eines Boxkampfes aussieht, war Weidels aufgeregte Werbung für das Gespräch. | © X (ehemals Twitter)

Weder Ahnung noch Interesse

Wenn Weidel etwa der Atomkraft hinterherweint und Merkel für den Ausstieg aus dieser quasi alleinverantwortlich macht, stößt sie bei Musk zuerst auf Widerspruch. Zwar formuliert dieser seine Haltung bewusst behutsam, sieht aber in der von Weidel kritisierten Solarenergie – insbesondere in Kombination mit anderen Energieressourcen – großes Potenzial.

Sich am Ende dann dennoch positiv zur Atomkraft zu äußern wirkt dabei dann eher, als wolle Musk einen beschwichtigenden Konsens vortäuschen, obwohl ihm sehr wohl klar sein dürfte, dass seine Ansichten sich hier stark von der AfD unterscheiden.

Andersherum kommt Musk selbst auf die deutsche Bürokratie zu sprechen und beschwert sich über die vermeintlichen Steine, welche ihm beim Bau seines Tesla-Werks in Brandenburg in den Weg gelegt wurden und trifft dabei einen wunden Punkt bei der AfD-Vorsitzenden.

Allerdings lässt diese sich nichts anmerken und kommt natürlich nicht darauf zu sprechen, dass ihre eigene Partei entschieden gegen den Bau der Gigafactory war.

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Ein Dorn im rechten Auge der AfD: Das Tesla-Werk in Deutschland. | © Wikipedia

Unvereinbare Widersprüche

Spätestens hier fällt auf, dass sich zwar beide Gesprächspartner in ihrem rechtsgerichteten Denken ähnlich sind, das sich daraus ergebende Ziel jedoch gänzlich anders ist.

Wo es für Musk und Trump in den USA eher darum geht, durch egozentrische, profitorientierte Politik eine vermeintliche technologische wie wirtschaftliche Weiterentwicklung auf globaler Ebene anzustreben, zeigt sich die AfD-Politik weitaus techno- wie xenophober mit wesentlich regressiveren Zielen, in welchen Deutschland eher sein eigenes, braunes Süppchen kochen solle.

Während das Gespräch die meiste Zeit sehr steif und technisch wirkte, wurde es zum Ende hin dann doch noch polemisch, speziell bei Themen wie dem Krieg in der Ukraine.

Weidel bezeichnet Hitler als Kommunisten

Hier lässt sich Weidel dann sogar zu dem absurden Schluss hinreißen, dass Hitler – ihrer Ansicht nach – ja ein Kommunist gewesen sei, wobei sie hier erneut die fragwürde Argumentation aufgreift, dass in dem Begriff “Nationalsozialismus” ja immerhin “Sozialismus” stecke.

Darüber hinaus beklagt sie, dass es sich bei der AfD eigentlich um eine libertär-konservative Partei handle, die von links-grünen Stimmen lediglich als rechts geframed werden würde.

Dass es hier schon innerhalb ihrer Partei große Meinungsverschiedenheiten zwischen Geschichtsverdrehern und Befürwortern der NS-Ideologien gibt, bei denen ein liberal-wirkend-wollender Überbau den selbst vom Verfassungsschutz als rechtsradikal eingestuften Kern verschleiern soll, dürfte hier jedem auffallen, der sich ein wenig mit der Geschichte der AfD beschäftigt hat – also eben nicht Musk.

Während am Ende des Gesprächs den Zuhörern also eigentlich klar sein dürfte, dass es hier keinen wirklichen Konsens gibt und während Weidel fast schon fangirlhaft Tage zuvor von diesem Aufeinandertreffen schwärmte, Musks wenig bis gar kein tatsächliches Interesse an der Meinung seiner Gesprächspartnerin zu haben schien, bleibt die Frage: Was war das Ziel dieses Gesprächs?

Es ging lediglich um Aufmerksamkeit

Was sich die AfD von dem Austausch mit Musk versprach ist relativ klar: Die Partei sucht ohnehin händeringend nach jedweder Form des Zuspruchs und wenn plötzlich einer der reichsten Männer der Welt die eigenen, verqueren Sichtweisen befürwortet, dürfte das ein regelrechter Adrenalinrush gewesen sein, für den man die eigenen Ansichten über Themen wie Globalisierung gerne über Bord wirft. Die Wählerschaft ist zum allergrößten Teil sowieso nicht an Inhalten interessiert und bemerkt den Widerspruch vermutlich gar nicht.

Für Musk ging es offensichtlich um weitaus weniger.

Wo der Mann, der so kurz wie kein anderer vor dem Dasein als Bond-Bösewicht steht, einem ohnehin eher das Gefühl gibt, dass er das politische Geschehen aus reiner Lust am Chaos beeinflusst und daraus nur wirtschaftliche Gewinne ziehen will, scheint sein Wirken auf den politischen Wahlkampf wie eine Sidequest der Sidequest.

Letztlich geht es auch hier nur um die AfD als Steigbügelhalter für Trumps Ziele.

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Bei dem Gespräch ging es Musk wohl mehr um Trump als Weidel. | © X (ehemals Twitter)

Schließlich sieht dieser es als eines seiner wichtigsten, wirtschaftlichen Ziele, die Produktion von Gütern in die USA zu holen – auch aus Deutschland. So sagte er, er wolle nicht, dass Amerikaner darum fürchten müssen, dass ihre Jobs an Autobauer in Deutschland gingen, stattdessen wolle er deutsche Firmen in die USA holen, damit Deutsche Sorge darum hätten, ihre Jobs an Autobauer in den USA zu verlieren.

Dass er dieses Ziel unter anderem mit hohen Zöllen erreichen will, sagt er ebenfalls frei heraus.

Die EU-feindliche Politik der AfD spielt Trump hier in die Karten. Ein Ausstieg aus dem Euro-System und die Rückkehr zur DMark würde eine Explosion von Einfuhrkosten der unterschiedlichsten Rohstoffe mit sich bringen, was letztlich eine ganz ähnliche Wirkung haben dürfte, wie erhöhte Zölle und den Standort Amerika für Deutsche Firmen extrem attraktiver gestalten würde.

Am Ende hat dieses Aufeinandertreffen mit Musk also wenig für die AfD getan – oder hätte es, wenn die Wählerschaft der Partei sich mit den Inhalten und Auswirkungen beschäftigen würde.

Konsequenzen für die AfD

Letztlich dürfte das Liebäugeln von Weidel mit Musk sogar eher negative Konsequenzen für ihre Partei haben.

Wo die AfD ohnehin immer wieder wegen fadenscheiniger, vielleicht sogar illegaler Parteispenden in die Kritik gerät, liefern sie das Futter für Vorwürfe hier quasi auf dem Silbertablett.

So sprach die Organisation Lobbycontrol sogar von einer Parteispende durch Musk, da die Plattform X normalerweise hohe Summen für derartige Events und deren Verbreitung verlangen würde. Dementsprechend folgt auch eine angekündigte Prüfung durch die Bundestagsverwaltung aufgrund einer eventuellen Beeinflussung des Wahlkampfes durch Musk.

Habt ihr das Gespräch von Weidel und Musk verfolgt? Was ist eure Meinung dazu?

Daniel Fersch

Daniel schreibt über so ziemliches alles, was mit Games, Serien oder Filmen und (leider) auch fragwürdigen Streamern zu tun hat – insbesondere, wenn es dabei um Nintendo, Dragon Ball, Pokémon oder Marvel geht....