Eine Doku, die weh tut – und genau deswegen so wichtig ist. Mit Bad Influence macht Netflix klar: Hinter süßen Thumbnails steckt oft eine Realität, die alles andere als kindgerecht ist.
Mit der neuen Netflix-Doku Bad Influence: Die Schattenseite des Kidfluencing wird endlich über ein Thema gesprochen, das viel zu lange ignoriert wurde: die Ausbeutung von Kindern in der Welt der Influencer. Drei Folgen, die tief unter die Haut gehen, und deutlich machen, wie schnell Kindheit, Sicherheit und Privatsphäre verloren gehen, wenn Klickzahlen wichtiger werden als Schutz.
Wenn Eltern ihre Kinder im Internet verkaufen
Im Mittelpunkt steht die Geschichte der jungen YouTuberin Piper Rockelle und ihrer Mutter Tiffany Smith. Was als Familienprojekt mit harmlosen Videos begann, entwickelte sich zu einem Online-Imperium, und zu einem toxischen Konstrukt aus Kontrolle, Machtmissbrauch und emotionalem Druck. Die Doku beleuchtet, wie Rockelle über Jahre hinweg zur Hauptfigur eines YouTube-„Squads“ aufgebaut wurde. Täglich wurde Content produziert, oft in Form von Challenges, Fake-Beziehungen und provokanten Posen, die eindeutig für ein erwachsenes Publikum inszeniert waren.
Ehemalige Squad-Mitglieder berichten von massiven Grenzüberschreitungen durch Tiffany Smith. Ein besonders verstörender Vorwurf: Die Mutter habe Unterwäsche ihrer Tochter an einen erwachsenen Fan geschickt — mit dem Satz, alte Männer würden „gerne daran riechen“. Auch ein Livestream, in dem sie einem Kind einen Kuss aufzwingt, sorgt für Fassungslosigkeit. Der damals 17- jährige Influencer Reagan Beast erzählt, dass Tiffanay Smith ihm Alkohol verabreichte und sich ihm mit einem Kuss während eines Livestreams aufzwang. Tiffany tätigte oft sexuelle Äußerungen gegenüber den Squad-Mitgliedern, den Mädchen eingeschlossen. Mehrere Mitglieder berichten, dass Tiffany sie regelmäßig sexuell misshandelt hat. Das jüngste Kind darunter war 9 Jahre alt zu dem Zeitpunkt. 2022 kam es zur Klage – 2024 folgte ein Vergleich über 1,85 Millionen US-Dollar.
Keine Regeln, kein Schutz
Was die Doku Bad Influence so erschreckend deutlich macht: Im Bereich des Kidfluencing gibt es kaum gesetzliche Rahmenbedingungen. Während klassische Kinderstars, etwa im Film oder Fernsehen, durch Arbeitsrecht und Kinderschutzgesetze abgesichert sind, bewegen sich Influencer-Kinder oft in einer Grauzone. Vor allem, wenn die Eltern selbst Manager sind.In der Serie berichten mehrere Beteiligte, dass sie teilweise 10 bis 15 Videos am Tag drehen mussten — bei Arbeitszeiten von bis zu 12 Stunden täglich. Pausen waren selten, Tränen gehörten zum Alltag, doch die Kamera lief weiter. Einige Kinder erzählen, dass sie erschöpft waren, kaum gegessen haben und sich machtlos fühlten. Das alles unter dem Deckmantel von „Teamarbeit“ und „Familiencontent“.
Solche Aussagen zeigen, wie dringend es klare gesetzliche Vorgaben und unabhängige Kontrollen braucht. Denn ohne Schutz, Grenzen und Aufsicht werden Kinder in dieser Branche schnell zu reinen „Inhalten“, und nicht mehr als Menschen gesehen, die ein Recht auf Ruhe, Entwicklung und eine echte Kindheit haben. Und mittlerweile ist es kein Geheimnis, dass ein Großteil der Leute, die Kidfluencer verfolgen, erwachsene Männer sind. Nur 8% der Zuschauer sind andere Kinder, die restlichen 92% erwachsene Männer. Schon oft wurden von Familienbloggern oder Kidfluencern geteilte Inhalte in Foren von Pädophilen gefunden.sorry but the parents in #BadInfluence on netflix making excuses like "we didn't know what was going on" please. you were willfully ignorant because you viewed your kids as cash cows.
— alex (@alex_bleich) April 11, 2025
Auch in Deutschland ein Thema — ständige Kritik an Familien-Influencern
Wer jetzt denkt: „Das ist ein US-Phänomen“, sollte auch einen Blick auf die deutsche Influencer-Szene werfen. Denn auch hier wächst die Kritik an sogenannten Familieninfluencern. Ein Beispiel, das dabei immer wieder diskutiert wird: Nader und Louisa Jindaoui. Das Paar teilt auf Social Media viele private Einblicke in seinen Familienalltag, darunter auch ständige Auftritte ihrer Kinder. Während viele Fans diese Nähe schätzen, warnen andere vor möglichen langfristigen Folgen für die Psyche der Kinder und ihre Privatsphäre. Besonders auf TikTok ist Gen Z hier sehr wachsam und fordert immer deutlicher: Kinder sollten keine Content-Figuren sein.

Was die Kritik zusätzlich verstärkt: die Haltung der Jindaouis zur Verantwortung für ihre Inhalte. In Statements betonen sie, dass sie nicht verantwortlich dafür seien, wenn ihr Content von Menschen mit problematischen Absichten konsumiert werde. Gleichzeitig fällt auf, dass Nader in Videos Louisa zensiert, wenn sie etwa beim Workout zu sehen ist, um sie vor den „Blicken anderer Männer“ zu schützen. Seine Kinder zeigt er jedoch weiterhin täglich und ohne Einschränkungen im Netz. Diese Diskrepanz wirft Fragen auf: Warum schützt man Erwachsene vor Blicken, aber nicht Kinder vor digitaler Öffentlichkeit?
Was diese Doku auslöst
Bad Influence ist keine leichte Kost. Es ist kein Hate-Piece gegen Influencer oder Eltern, sondern ein Aufruf, genauer hinzuschauen. Es geht darum, Kinder zu schützen, statt sie zur Ware zu machen und geht darum, Plattformen zur Verantwortung zu ziehen. Die Doku zeigt — es muss endlich Regeln geben, die mit der Realität von 2025 mithalten können.Diese Dokumentation ist nur schwer anzuschauen. Aber vielleicht ist genau das der Grund, warum sie so dringend nötig war.
Was sagt ihr zu dem Thema? Schreibt es uns in die Kommentare!