Es gibt hunderte Wege um bei einem Speedrun zu betrügen – dieser Streamer hat eine wohl einzigartige neue entdeckt.

Speedrunning ist mehr, als ein Videospiel einfach besonders schnell durchzuzocken. Es ist eine eigene Form des Games samt eigener Community, eigenen Regeln und Wertesystem – und durch Events wie GDQ (Games Done Quick) auch eine fantastische Möglichkeit, Geld für den guten Zweck zu sammeln.
Das einzige, was alle Arten des Speedruns vereint, ist die klare Regel, dass Cheaten nicht erlaubt ist. Zwar gibt es unterschiedliche Interpretationen, wann etwas als Betrügen gilt (so gibt es etwa Runs, die bewusst Glitches im Game nutzen, während andere explizit darauf verzichten), doch eine zuvor angefertigte Aufnahme des Gameplays einfach nur abzuspielen gilt in jedem Fall als mogeln.
Da es dennoch regelmäßig vorkommt und Spieler unterschiedliche Methoden nutzen, um schummelnder Weise einen Weltrekord zu erhaschen, ist die Speedrunning-Community immer skeptisch und kontrolliert neue Runs mit Argusaugen. Und genau das wurde einem Streamer kürzlich zum Verhängnis.
Ein Turnier, dessen Gewinner schon feststand
Twitch-Streamer Diego wollte seinen Zuschauern und der Speedrunning-Community des Jump’n’Run-Klassikers Donkey Kong Country 2 etwas Gutes tun – behauptete er zumindest – und rief deswegen ein eigenes kleines DKC2-Speedrun-Turnier ins Leben.
Die Gewinnerprämie: Von seinen eigenen Zuschauern gespendete 100 Dollar – vor allem aber die Siegesehre.
Daher fanden sich nur wenige Tage nach Ankündigung des Turniers mehrere kleinere Let’s Player zusammen, um gemeinsam herauszufinden, wem es zuerst gelingen sollte, Diddy und Dixie Kong auf der Suche nach ihrem Freund Donkey zu unterstützten.
Hierzu traf man sich allerdings nicht, jeder Teilnehmer streamte von zuhause aus seinen Versuch, was alles andere als ungewöhnlich war, aber essenziell für den Plan den Diego verfolgte.
Zwar handelte es sich keineswegs um einen Versuch, den aktuellen DKC2-Weltrekord zu brechen, wer von ihnen der geschickteste Spieler sein würde, wollten die Teilnehmer dennoch herausfinden und so gaben sie sich größte Mühe, Level für Level so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
Ein fehlerfreier Run
Was dabei schnell klar wurde: Diego selbst, der Veranstalter und Spieler des Turniers in einem darstellte, hatte einen Lauf. Ihm unterliefen keinerlei Fehler, jeder noch so knifflige Sprung, jedes Hangeln an einem Seil, jeder Fasswurf auf einen Kritter-Gegner gelang auf Anhieb und mit Bravour.
Die Community litt mit Diego, dessen Nerven durch die extreme Konzentration blank zu liegen schienen. Der Streamer bis die Zähne zusammen, als Dixie Kong beinahe mit einer tödlichen Biene kollidierte, warf seinen ganzen Körper in die Richtung, in welche er Diddy Kong rollen ließ und biss die Zähne zusammen, als sein virtuelles Äffchen von einem Boss erwischt wurde. Alles, in kürzester Zeit.
Für die Community war längst klar, dass Diego sein eigenes Turnier mit weitem Abstand gewinnen würde, wenn ihm kein großer Fehler unterlaufen würde, doch als er sich dem finalen Bosskampf widmete, schien der Sieg ihm schon gewiss.
Und tatsächlich: Diego gelang es, die beiden Affen problemlos gegen das riesige Bosskrokodil zu führen und es auszuschalten.
Ein absoluter Affentanz
Als sich die ganze Aufregung und Spannung Diegos entlud, sprang er von seinem Platz auf, warf seinen Controller auf den Tisch und setzte zu einem Siegestänzchen an – einem Tänzchen, bei welchem ihm seine Spielfiguren Gesellschaft leisteten.
Denn nachdem er den Controller längst aus der Hand gelegt hatte, setzte Dixie Kong zu einem weiteren Sprung an – etwas, was unter normalen Umständen unmöglich war.
Die Zuschauer bemerkten dies natürlich sofort und beschuldigten Diego des Betrugs – was dieser zum Anlass nahm, sämtliche Kommentatoren umgehend aus seinem Stream zu bannen. Auch die anderen Teilnehmer erfuhren durch die User in ihren Chats davon – doch Diego zeigte keinerlei Einsicht.
Er bemühte sich darum, zu erklären, dass die Verzögerung zwischen Gameplay und Übertragung via YouTube es so hätte aussehen lassen, als wäre das Affenmädchen gesprungen, nachdem er den Controller gar nicht mehr hielt – glauben wollte ihm dies allerdings keiner.
Stattdessen kamen noch mehr Indizien auf, die das Ganze wie einen Betrug wirken ließen.
Videoplayer und Splicing
Zunächst zeigten User auf, dass während des gesamten restlichen Runs nie eine Verzögerung zwischen Diegos Kamerabild und dem Gameplay zu erkennen war, sondern beide Bilder perfekt aufeinander abgestimmt waren. Auch sein vermeintlicher Versuch, den Zuschauern seinen eigenen Monitor zu zeigen scheiterte, denn auch wenn der Streamer seinen eigenen Bildschirm nur für den Bruchteil einer Sekunde filmte, reichte ein einzelner, klarer Frame des Bildes, um den Videoplayer zu erkennen, mit welchem Diego eine zuvor bereist angefertigte Aufnahme abgespielt hatte.
Doch seine Mogelei endete nicht an dieser Stelle, denn findige Speedrunner, die sich das Footage nachträglich ansahen, entdeckten darüberhinaus deutliche Anzeichen für Splicing.
“Splicing” ist eine gern verwendete Methode von Cheatern um Speedruns anzufertigen. Dabei wird das Gameplay “gespliced” also aufgeteilt. Ein Spieler spielt ein Level durch und filmt den gesamten Prozess. Solle er an einer Stelle versagen, zu langsam sein oder seine Figur sterben, setzt er im gleichen Level nochmal an, bis ihm ein Durchlauf gelingt, der fehlerlos war. Danach werden die beiden Durchläufe ohne Fehler zusammengeschnitten und der Rest verschwindet für immer.
Einigen Speedrunnern fiel auf, dass die animierten Köpfe, die in der Hubworld von DKC2 zu sehen sind, sich in Diegos Footage teilweise viel schneller schlossen, als es ihnen eigentlich möglich wäre, was ziemlich klar darauf schließen ließ, dass er seinen Run gespliced hatte.
Die Community vergisst nicht
Trotz der erdrückenden Beweislast gab Diego nicht klein bei und leugnete weiterhin, dass er gecheated hätte. Er blockierte sogar langjährige Follower seiner Streams und brach den Kontakt zu den anderen Teilnehmern des Turniers ab.
Ob diese sich dafür überhaupt noch interessierten ist schwer zu sagen, dass die Speedrunning-Community so einen Vorfall nicht vergessen wird, dürfte allerdings klar sein.