Somali möchte wegen “Familienangelegenheiten” abgeschoben werden, um Prozess zu entkommen

Somali Will Prozess Beschleunigen
Handschellen trägt er noch keine – frei ist er aber auch absolut nicht. | © Johnny Somali / Twitter

Der Fall Johnny Somali könnte Südkoreas abschreckendes Paradebeispiel dafür sein, wie mit Streamern umgegangen wird, die Land und Leute belästigen.

Der Schrecken Südkoreas

Johnny Somali ist so einiges: Aufdringlich. Menschenverachtend. Frauenfeindlich. Straffällig. Aktuell ist er aber vor allem eines – nach wie vor in Südkorea. Und wenn es nach der Justiz vor Ort geht, soll das auch noch einige Zeit so bleiben.

Seit knapp einem Jahr hält sich Somali dort auf und seit knapp einem Jahr ist er den Menschen Südkoreas ein Dorn im Auge. Er entehrte eine Gedenkstätte, an welcher den sexuellen Opfern des Koreakrieges gedacht wird, störte mehrfach den Betrieb im öffentlichen Nahverkehr und innerhalb verschiedener Geschäfte, belästigte Frauen und Kinder und verbreitete Deepfake-Videos, in denen er gemeinsam mit unterschiedlichen koreanischen Prominenten in “romantischen Situationen” zu sehen war. Er tat all dies, weil er glaubte, ihm könnte nichts passieren.

Somali siegt mit Gegenklage
Deepfake-Videos brachten Somali reichlich Ärger ein. | © Johnny Somali / Kick

Das letzte Jahr erteilte dem US-amerikanischen Streamer Somali, der bürgerlich Ramsey Khalid Ismael heißt, allerdings einige Lehren. Während er es zuvor gewohnt war, sich in fremden Ländern ganz so benehmen zu können, wie es ihm passte, Kulturen und Menschen ohne jeden Respekt zu behandeln und unschuldige Passanten für das Amüsement seiner Zuschauer zu belästigen, nur um am Ende aus China oder Israel abgeschoben zu werden, steckt er inzwischen seit fast 12 Monaten in Südkorea fest.

Somali will Prozess entkommen

Das Ziel der südkoreanischen Justiz ist klar: Sie wollen ein Exempel statuieren. Ganz ähnlich, wie dies mit dem Russen Vitaly Zdorovetskiy und den Philippinen der Fall ist, der dort aktuell in Abschiebehaft sitzt – ohne jedoch Aussicht auf eine Abschiebung zu haben. Stattdessen fristet Zodorovetskiy sein Dasein dort, während er überhaupt erst auf die Verhandlung seines Falls wegen ganz ähnlicher Taten wartet.

Somali scheint nun mehr und mehr zu befürchten, dass ihm ähnliches droht, denn all seine Versuche, auszureisen oder gar US-Präsident Trump darum zu bitten, ihn in die Vereinigten Staaten zurückzuholen, sind gescheitert.

Aktuell möchte er das südkoreanische Gericht davon überzeugen, ihn in die USA zurückkehren zu lassen, weil er laut eigenen Angaben “Familienangelegenheiten” zu klären hat. Es wäre davon auszugehen, dass Somali wohl nicht vorhaben würde, danach zu seinem Prozess zurückzukehren, seiner Bitte kann ohnehin nicht stattgegeben werden. Nicht nur weil Kritiker des Streamers starke Zweifel an seiner Begründung haben – auch auf rechtlicher Ebene scheint dieser Plan nicht von Erfolg gekrönt.

Prozessbeschleunigung ist aussichtslos

Denn während User, die sich intensiv mit dem Fall Somalis beschäftigen darauf hinweisen, dass seine Familie in Amerika sich bereits mehrfach zu ihm äußerte und er selbst sagte, dass sein Vater ihn verstoßen hätte, ist seine Forderung den Prozess zu beschleunigen, damit er sich um die vermeintlichen Angelegenheiten kümmern kann, gar nicht möglich.

Ein sogenannter “Speed-Trial” wie er etwa in den USA unter bestimmten Umständen angeboten wird, um Prozesse zu verkürzen und die Gerichte zu entlasten, kann in Korea nur aus zwei Gründen ausgeführt werden – und keiner davon sind “Familiäre Angelegenheiten”.

Johnny Somali Unterschreibt Borat Vertrag
Auch der Anwalt des Streamers scheint sein Handwerk offensichtlich nicht ganz zu verstehen. | © YouTube

Speed-Trials finden statt, wenn der gesamte Fall von Anfang an offensichtlich ist, der Angeklagte sich geständig zeigt und klare Beweise dafür vorliegen, dass sich die Tat so abgespielt hat, wie in der Anklageschrift aufgezeichnet, oder, wenn es sich um Fälle von ganz besonderem Interesse handeln und in den bekannte oder wichtige Personen involviert sind. Da hier oftmals ein großes, öffentliches Interesse an einem Urteil herrscht, sollen Prozesse sich nicht zu lange hinauszögern.

Darüber hinaus muss schon zu Beginn des Prozesses klar sein, dass die Beteiligten eine schnelle Abwicklung wünschen und dies noch von einem Komitee abgenickt werden. Bei Somali trifft nichts von alledem zu, ganz im Gegenteil: Es scheint, als würden die Weiterführung des Prozesses noch viel weiter hinausgezögert werden.

Streamerprozess wird frühestens im nächsten Jahr fortgesetzt

Aktuell befindet sich Somali in einer mehr als misslichen – jedoch selbst verursachten und daher völlig verdienten – Lage: Die Regierung ist im Besitz seiner Papiere, abgesehen von einem befreundeten Geldgeber sind seine monetären Ressourcen trockengelegt und jede weitere Straftat würde den Verlauf seiner Verhandlung noch verlängern und ihm eine höhere Strafe einbringen. Daher wurde es relativ ruhig um den Streamer, fast als hätte er letztlich gelernt, die Pferde nicht mehr scheumachen zu dürfen.

Dieser stille, ruhige Somali scheint einigen Menschen zu gefallen. Einerseits ist da die Streamerin BongBong. Ein wichtiger nächster Schritt in der Verhandlung wird ihre Aussage sein, schließlich hat sie einige Zeit mit Somali verbracht und gehört zu den Personen, die in den Deepfake-Videos mit ihm zu sehen sind.

Bis der Prozess beginnt, wird Somali wohl noch einige Zeit warten müssen. | © Johnny Somali / Kick

Zuletzt hat sie jedoch jeden Prozesstag verpasst und ist zu keinem Anhörungstermin erschienen, was die Gesamtsituation immer weiter hinauszögert. Hinzukommt, dass sich voraussichtlich ab Februar ein neuer Richter mit dem Fall befassen wird und entsprechende “Einlesezeit” in die Akten benötigen wird – die bis dahin vermutlich sogar noch dicker sein werden, sollten in der Zwischenzeit weitere seiner Vergehen in den Fall aufgenommen werden.

Besonders belastend für Somali: All dies hätte verhindert werden können, hätte er sich ehrlich entschuldigt, als er dazu aufgefordert wurde, nachdem sein Verhalten gegenüber dem Denkmal zu Ehren der "Liebessklavinnen” des Koreakriegs publik wurde. Hätte er sich daraufhin zum Prozessauftakt aller Vergehen schuldig bekannt, wäre er zwar auch nicht um eine Haftstrafe herumgekommen, hätte diese aber wohl schon zu einem großen Teil hinter sich.

Stattdessen ist er nun seit Monaten in Südkorea gefangen und wartet darauf überhaupt erst wirklich eingesperrt zu werden.

Was haltet ihr von dem ganzen Fall? Empfindet ihr den Umgang der südkoreanischen Justiz mit Somali gerechtfertigt, oder denkt ihr, ein direkter Prozess mit unmittelbarem Urteil würde deutlich mehr Wirkung zeigen?

Daniel Fersch

Daniel schreibt über so ziemliches alles, was mit Games, Serien oder Filmen und (leider) auch fragwürdigen Streamern zu tun hat – insbesondere, wenn es dabei um Nintendo, Dragon Ball, Pokémon oder Marvel geht....