Zuschauerzahlen brechen ein – YouTuber kommen heimlicher Änderung auf die Schliche

Immer ein gutes Zeichen für die Transparenz einer Plattform, wenn es 80 ihrer erfahrensten Creator zusammenarbeiten müssen, um auch nur vermuten zu können, was hinter den Kulissen abläuft...

Josh Strife Hayes August 10 View Dip
Wirkt doch alles recht simpel, oder nicht? | © Josh Strife Hayes

In den letzten Jahren wurde das Monetarisierungsmodell des Social-Media-Plattform und Video-on-Demand-Website YouTube immer wieder dafür kritisiert, zum Nachteil von Nutzern und Urhebern gleichermaßen immer aggressiver zu werden... Ja, noch mehr als zuvor.

Obwohl die Muttergesellschaft Alphabet Inc. für 2024 einen Rekordumsatz von 100 Milliarden US-Dollar meldete, erhöhte die Plattform die Preise für ihre Premium-Funktionen, führte den Kampf gegen Adblocker-Nutzer an und versah einzelne Videos ungefragt mit Filtern. Die neueste Kontroverse: Eine angebliche heimliche Änderung des Systems, wie Videoaufrufe gezählt werden, unter der so gut wie alle Videourheber zu leiden hätten.

Anfängliche Berichte

Seit August 2025 berichten mehrere YouTuber von unterdurchschnittlichen Aufrufzahlen ihrer Uploads, unabhängig von der Art des Inhalts und den üblichen saisonalen Schwankungen (im August und September ist die Aufrufzahl normalerweise leicht rückläufig, da die Sommerferien enden und die Nutzer somit weniger Freizeit haben, die sie mit YouTube verbringen könnten).

Es gab verschiedene Erklärungsversuche für das Phänomen, die meisten davon wurden jedoch schnell verworfen: Die automatische Aktivierung des eingeschränkten Modus durch YouTube hat nur eine verschwindend geringe Anzahl von Nutzern betroffen, Shadowbanning ist eine Praxis, über die auf der Plattform nur selten berichtet wird, und die neue „Hype“-Funktion ist noch zu nischenhaft, um den Algorithmus wesentlich zu beeinflussen.

Zwar hat YouTube kürzlich bestätigt, das Zählsystem der Videoaufrufe geändert zu haben – allerdings ausschließlich für YouTube Shorts, dem TikTok-Abklatsch der Plattform. Normale Uploads, also solche jener YouTuber, die ursprünglich Alarm geschlagen hatten (wie Linus Tech Tips, Red Letter Media und Josh Strife Hayes), sollten theoretisch nicht betroffen sein.

Erste Untersuchungen

Tatsächlich aber konnte Josh Strife Hayes, selbst Inhaber mehrerer Kanäle, mit seinem Video „PROOF YouTube has changed how views work“ vom 13. September 2025 beweisen, dass tatsächlich solche Änderungen vorgenommen wurden, ohne dass das Unternehmen die breite Öffentlichkeit darüber informiert hätte.

Durch die Aufschlüsselung seiner eigenen Aufrufzahlen nach Endgerät der Nutzer und auf Gegenüberstellung seiner Ergebnisse mit denen anderer Content Creator konnte er bestätigen, dass die Klicks von Desktop-Nutzern nach dem 10. August plötzlich nicht mehr mit denen aller anderen Gerätetypen korrellierten. YouTube Shorts waren davon nicht betroffen.

Am 15. September, nachdem er weitere Daten von 80 anderen Kanälen über verschiedene Genres, Regionen und Zielgruppen hinweg gesammelt hatte, veröffentlichte Hayes ein Nachfolgevideo namens „I think I know why views dropped. I Think @thespiffingbrit is incorrect“. Er hatte festgestellt, dass die Werbeeinnahmen nicht parallel zu den Aufrufen sanken, was darauf hindeutet, dass die nun fehlenden Aufrufe nicht monetarisiert waren. Vor allem Kanäle mit einem älteren, PC-affineren Publikum hatten stärkere Einbrüche gemeldet.

Weitere Erkenntnisse

Bedenkt man zudem, dass am 10. und 11. August auf Websites wie Reddit, DownDetector und Twitter mehrere Berichte über YouTube-Probleme mit Adblock Plus auftauchten, liegt die logische Schlussfolgerung nahe, dass der Rückgang der Aufrufe möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass die Plattform die Aufrufe von Adblock-Nutzern nicht mehr in die Zählung einbezieht.

Und da diese Aufrufe ohnehin nicht monetarisiert wurden, sollte das eigentlich kein Problem sein…Oder? Nun, leider birgt diese Änderung noch mehr Nachteile, als man zunächst vermuten würde: Erstens schafft die Plattform durch die Einführung einer solchen Änderung ohne vorhergehende Information für die Urheber einen schlechten Präzedenzfall, wenn Menschen, deren Lebensunterhalt von ihrem Verständnis dieses Systems abhängt, im Dunkeln gelassen werden.

Zweitens – und praktisch problematischer – ist die Tatsache, dass die Anzahl der Aufrufe nicht nur für direkte Werbeeinnahmen relevant ist: Weniger Aufrufe haben auch negative Auswirkungen auf die Empfehlungsalgorithmen der Plattform. Darüber hinaus werden Aufrufe auch häufig als Maßstab für Sponsoring-Auszahlungen verwendet, da ein größeres Publikum mehr potenzielle Kunden für das beworbene Produkt bedeutet. Selbst wenn die Zuschauer Adblocker verwenden, kaufen sie möglicherweise dennoch ein Produkt auf Empfehlung des YouTubers. Letztendlich könnten YouTuber durch diese Änderung also zukünftig weniger Geld von Sponsoren erhalten, als ihnen eigentlich zustehen würde.

Doch was ist eure Meinung? Bedroht diese Änderung tatsächlich die Existenzgrundlage einiger Influencer? Oder ist das Ganze nur Panikmache, um sich mehr Aufmerksamkeit zu sichern? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!

Adrian Gerlach

Adrian ist fasziniert von Games aller Alters- und Qualitätsklassen. Zeitmangel bereitet ihm diese Interessensvielfalt trotzdem nicht; man kann ja im Schlaf weiter träumen....