Red Dead Online ist tot. Oder?

Ich weiß noch genau, wie ich das erste Mal durch die offene Landschaft von Red Dead Online geritten bin. Die Sonne verschwand langsam hinter den Bergen, die Hufe meines Pferdes schlugen im Takt, und meine Crew ritt Seite an Seite mit mir – es fühlte sich an, als hätte Rockstar das Unmögliche geschafft: eine Online-Welt erschaffen, die GTA Online ernsthaft Konkurrenz machen konnte. Kein Bling-Bling, keine Raketenautos – sondern Ruhe, Weite und Atmosphäre.
Und eine Zeit lang hat das tatsächlich funktioniert. Kopfgeldjagden, Schwarzbrennerei, Schatzsuche – Red Dead Online hatte diesen rauen Charme, diese greifbare Immersion, die GTA nie ganz erreicht hat. Es wirkte echter, persönlicher. Doch dann… kam der Stillstand.
Das vergessene Kind von Rockstar
Während GTA Online ein Update nach dem anderen bekam – neue Heists, fliegende Karren, Business-Imperien, sogar U-Boote – wurde Red Dead Online immer mehr zum Sorgenkind. Anfangs gab es noch regelmäßig Content: das „Frontier Pursuits“-Update, neue Rollen, saisonale Events. Aber irgendwann wurde es ruhiger. Und dann wurde es still.2022 dann die offizielle Ansage: Rockstar verlagert seine Ressourcen – hin zu GTA 6, weg von Red Dead. Keine großen Updates mehr, keine Zukunftsplanung. Und so verschwand Red Dead Online still und leise – oder besser gesagt: es blieb einfach irgendwo in der Wüste stehen. Ohne Pferd.
Die Wahrheit ist bitter, aber klar: GTA Online druckt Geld. Red Dead Online nicht. Während GTA jährlich Millionen mit Shark Cards und endlosen Inhalten einspielt, konnte Red Dead da nie mithalten. Mit Hüten, Pferden und ein paar handgemachten Gürtelschnallen lässt sich eben kein Nachtclub-Imperium aufbauen. Und Rockstar hat auch nie wirklich versucht, so ein System im Wilden Westen zu etablieren.Am Ende hat man Red Dead Online einfach nicht mehr als lohnende Investition gesehen. Also: Projekt beenden, Fokus komplett auf GTA 6. Wirtschaftlich logisch. Emotional? Ein Schlag ins Gesicht.
Eine Welt voller Möglichkeiten
Was wirklich weh tut: Red Dead Online hätte so viel mehr sein können. Wir träumten von eigenen Häusern – kleinen Hütten im Wald oder Farmen, die man sich nach und nach aufbauen konnte. Von neuen Rollen wie Pferdezüchter oder Viehhändler. Von einem Wirtschaftssystem, das dem ganzen Geldsammeln einen Sinn gibt. Irgendwas, das mehr bedeutet als nur der nächste Mantel oder das nächste Gewehr.Klar, man kann das Spiel immer noch grinden. Jagen, angeln, Kopfgeldjagden – allein oder im Trupp. Das macht auch Spaß. Es hat was Meditatives, fast poetisches, einfach durch diese Welt zu reiten und der Musik zu lauschen. Aber irgendwann stellt man sich die Frage: wofür eigentlich? Und genau da liegt das Problem. Die Welt lebt – aber sie steht still.
Und trotzdem – und das zählt – Red Dead Online hat noch Herz. Es gibt sie noch, die Spieler, die sich einloggen, gemeinsam durch die Prärie ziehen, ihre eigenen kleinen Geschichten schreiben. Die Community ist kleiner geworden – vielleicht macht sie das umso besonderer. Es sind die Spieler, die die Welt am Leben halten. Nicht Rockstar.
Vielleicht werden die großen Updates nie kommen. Aber der Zauber, den Red Dead Online hatte – und auf seine stille Art noch immer hat – ist nicht verschwunden. Er wurde nur zurückgelassen.