Streamer Reeze bekommt Höhenangst in Minecraft – und ist längst nicht der einzige

Dabei setzt Minecraft in Sachen Barrierefreiheit bereits Maßstäbe – weit mehr als viele Konkurrenzprodukte.

Reeze Höhenangst Hauptbild
Streamer Reeze blickt auf die Spielwelt von Minecraft hinab | © Dominik Reezmann, Mojang

Längst sind die Tage vergangen, in denen Videospiele nur die Freizeitbeschäftigung einer kleinen Gruppe von Technikbegeisterten waren. Gerade Titel wie Minecraft mit 350 Millionen verkauften Einheiten zeigen, dass es sich auszahlen kann, eine möglichst vielfältige Zielgruppe anzusprechen. Somit wird die Beachtung von Barrierefreiheit im Entwicklungsprozess ein Muss.

Dementsprechend auffällig ist es, wenn selbst diejenigen, welche ihren Lebensunterhalt aus dem publikumswirksamen Zocken derart beliebter Unterhaltungsprodukte beziehen, durch ungeplante Nebenwirkungen in ihrer Spielerfahrung eingeschränkt werden, wie etwa jüngst im Fall des deutschen Twitch-Streamers Reeze geschehen.

Reezes Blick in die Tiefe

Seit 2015 ist der gebürtige Stuttgarter in den sozialen Medien aktiv, vor allem mit Gaming-Inhalten. Außerdem hat er einen gemeinsamen Podcast mit Freund und Streaming-Kollege Papaplatte. Über die Zusammenarbeit mit Streamer Papaplatte gelang ihm schließlich auch auf Twitch der Durchbruch, wo er seitdem regelmäßig gemeinsame Projekte mit anderen Content-Creatorn durchführt.

Eines davon ist die aktuell laufende 13. Staffel von Craft Attack, ein seit Jahren etabliertes Event, bei dem sich verschiedene Twitch-Streamer übers Internet eine Minecraft-Spielwelt teilen und darin gemeinsame Bauwerke errichten. Reeze und Papaplatte zeigen sich hierbei mit dem Plan einer digitalen Rekonstruktion der fiktiven Bergstadt Minis Tirith aus dem Herr-der-Ringe-Franchise besonders ambitioniert.

Dafür ist es definitiv notwendig, in die Höhe zu bauen. So dauerte es nicht lange, bis die Streamer einen weiten Ausblick über die Voxel-Spielwelt hatten – was Reeze dazu veranlasste, zu gestehen, dass seine Höhenangst aus dem echten Leben auch von dem Spiel ausgelöst würde. In dem Stream vom 27. Oktober befragte er auch seine Kollegen Papaplatte und MerlePerle dazu, welche jedoch weder im echten Leben, noch in Minecraft unter Höhenangst leiden würden.

„Ich hab' halt Höhenangst in echt, ja? Und das erinnert [...] mich halt an meine Höhenangst in echt.“ – Reeze
„Wait, ist das ein Ding? Haben Leute, die Höhenangst haben in real life low-key bisschen Höhenangst in Videospielen?“ – Papaplatte

Wie sich das Gehirn selbst austrickst

Dabei ist Reezes Wahrnehmung absolut erklärbar: Auf biologischer Ebene spielt bei Höhenangst die Kombination aus vestibulärer (Gleichgewichtssinn), propriozeptiver (Körperlage-Wahrnehmung) und visueller Verarbeitung eine zentrale Rolle. Vor allem in Spielen wie Minecraft, die aus der Ego-Perspektive gespielt werden, kann es da zu Diskrepanzen kommen:

Wenn der Spielercharakter in einem anderen Winkel auf die Spielwelt blickt (visuell) als der Spieler auf den Bildschirm (propriozeptiv), entsteht ein leichtes Schwindelgefühl (vestibulär), was verbunden mit dem visuellen Reiz von Tiefe bei Personen mit Höhenangst auf psychologischer Ebene intern eine ähnliche Erwartung des Kontrollverlusts und Fallens aktiviert, deren Konsequenzen in der Realität gefürchtet werden.

Obwohl der Spieler nur auf ein zweidimensionales Bild blickt, versucht das Gehirn, sich in der digitalen Welt räumlich zu orientieren, sodass es sich selbst Tiefen vorgaukelt. Um diese Illusion abzumildern, können Kamerageschwindigkeit und Sichtfeld reduziert oder eine Vignette um die Bildschirmränder aktiviert werden, wie etwa in Minecraft möglich. Solche Optionen erfordern zusätzlichen Entwicklungsaufwand, erweitern jedoch die potenzielle Spielerschaft.

Doch was ist eure Meinung? Bräuchten mehr dreidimensionale Spiele ähnliche Barrierefreiheits-Optionen wie Minecraft? Oder zeigt der Fall von Reeze, dass diese von den jeweiligen Zielgruppen ohnehin nicht genutzt werden?

Lasst es uns in den Kommentaren wissen!

Adrian Gerlach

Adrian ist fasziniert von Games aller Alters- und Qualitätsklassen. Zeitmangel bereitet ihm diese Interessensvielfalt trotzdem nicht; man kann ja im Schlaf weiter träumen....