Von Alteingesessenen gehasst, von Neulingen geliebt – von der Community umgebaut

Wenn es ein Videospiel-Franchise gibt, das praktisch jeder liebt, dann vermutlich Super Mario. Unabhängig davon, ob man auf einer weiteren Rettungsmission für Peach durch gefährliche Hindernisparcours hüpft, beim Kartfahren Stachi-Panzern auszweicht oder in den RPG-Spin-Offs neue Länder bereist: Nintendo liefert eigentlich immer ab.
Doch wenn es mal einen der seltenen Fehltritte gibt, kann man sich darauf verlassen, dass sich die Fans darum kümmern.
Ein plötzlicher Bruch mit der Vergangenheit
Das Spiel, um das es geht, ist natürlich der 2012er Nintendo-3DS-Titel Paper Mario: Sticker Star.
Als der vierte Eintrag in der beliebten Paper-Mario-Reihe von einsteigerfreundlichen RPGs hatte Sticker Star in große Fußstapfen zu treten: Die Vorgänger konnten mit ihrem einzigartigen Grafikstil-Konzept, erinnerungswürdigen Charakteren, überraschend reifen Handlungen und actiongeladenen Kampfsystemen eine treue Fanbase aufbauen.
Und als Sticker Star auf der E3 2010 zum ersten Mal gezeigt wurde, schien das Spiel genau deren Geschmack zu treffen, indem es den bekannten Gameplay-Loop auf ein brandneues Setting anwendete. Der Öffentlichkeit war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst, dass Nintendo mitten während der Entwicklung die Richtlinie für Mario-Produkte ändern würde, wodurch das fertige Spiel 2012 kaum noch Ähnlichkeiten zum damals beworbenen Produkt hatte.
In späteren Interviews mit den Entwicklern wurde deutlich, dass das Design der Charaktere, Spezies und Level angepasst werden mussten, um nicht zu weit von einem vordefinierten "Mario-Standard" abzuweichen; vermutlich aus Marketing- und Merchandise-Gründen. Kernelemente des Gameplays sollten verändert werden, um nicht "altbacken" zu wirken.
Eine gleichmäßig geteilte Fanbase
Auch wenn die Verkaufszahlen des Spiels für seinen Erfolg sprechen (zum damaligen Zeitpunkt die zweithöchsten der gesamten Reihe), ist es heutzutage eher für die gemischten Gefühle bekannt, die es hervorrief.
Neulinge, welche mit den älteren Titeln weniger vertraut waren, lobten das Spiel für seine gute Grafik, die engere Einbindung der Papier-Ästhetik in das Gameplay, den hervorragenden Soundtrack und den mutigen Ansatz, das Kampfsystem grundlegend zu verändern. Hier stellten die namensgebenden Sticker sowohl Angriffsmöglichkeiten als auch Belohnungen dar. Der Fokus auf viele kleine einprägsame Momente (anstelle einer groß angelegten Hintergrundgeschichte) sorgte ebenfalls dafür, dass Sticker Star heute eine Menge Nostalgie bei all denen inspiriert, die es als Kinder spielten.
Auf der anderen Seite der Debatte stehen die alteingesessenen Anhänger, welche schon die Anfänge der Reihe in den 2000ern mit Paper Mario und Paper Mario: Die Legende vom Äonentor miterlebten. Sie hatten häufig den Eindruck, dass Sticker Star sowohl den Ansprüchen der Vorgänger als auch dem eigenen Potenzial nicht gerecht wurde, vor allem anbetracht der vielversprechenden E3-2010-Demo. Im Vergleich wirkten die Charaktere und deren Design nichtssagend, uninspiriert und wie ein einziger großer Einheitsbrei. Die Story war kaum vorhanden, die interessant aussehenden neuen Gebiete wurden durch die gleichen Wiesen- und Wüstenlevel ersetzt, die bereits aus den Mario-Jump ’n’ Runs zur Genüge bekannt waren. Vor allem das neue Sticker-basierte Kampfsystem stieß ihnen sauer auf; wirkte es doch im Vergleich zu den alten Titeln deutlich weniger tiefgreifend, insgesamt unausgereift und spielerisch irrelevant.
Zu allem Übel schien es so, als würden die Spiele, die nach Sticker Star erschienen, designtechnisch eher auf diesem kontroversen Teil statt seinen Vorgängern fußen, wodurch die Fanbase der Reihe praktisch in "alte" und "neue" Fans geteilt wurde.
Eine Teilung, die nie überwunden werden konnte... zumindest bis jetzt.
Ein endlich erfülltes Potenzial

Ein Jahrzehnt nach dem ursprünglichen Release versucht die Paper-Mario-Community nun das zu erreichen, was Nintendo nie geschafft hat: Die Stile von prä- und post-Sticker-Star-Spielen zu kombinieren, um etwas zu erschaffen, was beide Seiten der Fanbase zufriedenstellt.
Eine Gruppe Hobby-Videospielentwickler hat sich unter dem Namen „The Sticker Comet Team“ zusammengeschlossen, um Paper Mario: Sticker Star in Form einer Mod names Paper Mario: The Sticker Comet neu aufleben zu lassen.
Die Mod soll offenbar ein Was-wäre-wenn-Szenario bieten, indem sie entfernte Charaktere, Gebiete und Gameplay-Features wiederherstellt, die in der E3-2010-Demo zu sehen waren. Außerdem wird es jede Menge neue Inhalte geben. Das Spiel baut auf die spärliche Handlung des Originals auf, um Ausmaß und Emotionen eines alten Paper Marios mit den Elementen zu verbinden, die Sticker Star so besonders gemacht haben. Gleiches gilt für das Kampfsystem, das Sticker-Ressourcenmanagement mit klassischen Erfahrungs- und Level-Up-Systemen verbindet.
Wie erfolgreich dieses Unterfangen am Ende sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht abzusehen. Aber allein der Versuch, die Geschichte der Reihe umzuschreiben, ist ebenso lobenswert wie beispiellos.
Wir werden mehr wissen, sobald das erste Kapitel von Paper Mario: The Sticker Comet im Jahr 2026 erscheint. In der Zwischenzeit können wir euch nur empfehlen, euch den Trailer auf YouTube zu Gemüte zu führen.
Auf welcher Seite des Paper-Mario-Fan-Spektrums seht ihr euch persönlich? Fallen euch irgendwelche bestimmten Veränderungen ein, die ihr gerne umgesetzt sehen würdet? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!