Business-Influencer könnte 40 Jahre in Haft, weil seine KI-Firma aus ausgebeuteten Menschen bestand

Der Nate-CEO versprach Investoren und Kunden 100% künstlicher Intelligenz – doch in Wahrheit bekamen sie etwas weniger, nämlich 0,0%.

Albert Saniger Nate CEO
Die utopischen Versprechen des Nate-CEO wurden von einem Callcenter in den Philippinen getragen. | © YouTube

Man stelle sich eine App vor, die das Online-Shopping noch einfacher macht, als es sowieso schon ist. Eine App, die dir deinen Warenkorb nicht nur aus verschiedenen Websites mit den besten Preisen zusammenstellt, sondern auch noch von selbst die Produkte sucht, die genau zu dir passen – was Farbe, Größe und Geschmack angeht.

Und obendrein kannst du dich mit anderen Usern der App verknüpfen, um darüber Geburtstagsgeschenke für Freunde zu kaufen, ohne einen einzigen Finger krümmen zu müssen – alles dank der wunderbaren Welt der künstlichen Intelligenz.

Unabhängig davon, ob das für dich nun nach einer guten Idee klingt oder nicht – letztlich wirst du enttäuscht werden, denn die App Nate von Albert Saniger wurde zwar als DAS KI-Shopping-Tool beworben, hatte in Wahrheit aber so gar nichts mit KI zu tun.

Vollautomatisierte Einkaufstouren

Saniger bewarb Nate in dutzenden Podcasts und Shows und wurde nicht müde, davon zu berichten, wie dieses AI-getriebene Wunderwerkzeug das E-Shopping auf ein neues Level der Freiheit für den Käufer bringen würde.

Die angeblich revolutionäre künstliche Intelligenz, auf welcher Nate fußen sollte, begeisterte Kunden und Investoren gleichermaßen so sehr, dass Saniger sein Start-up auf einem finanziellen Polster von mehr als 50 Millionen US-Dollar betten konnte, denn allen Beteiligten war klar, dass dies die Zukunft des Einkaufens im Internet bedeuten würde.

Die Verbindung von nie dagewesenem Internet-Shopping mit Social-Network-Aspekten, die von einer KI gesteuert würde und Kundendaten somit vollends schützt, war fast zu schön, um wahr zu sein... und war es dann eben auch nicht...

Denn wie sich nun herausstellte, bestand die vermeintlich einzigartige Artificial Intelligence, auf der Nate fußen sollte, aus einem Callcenter voller unterbezahlter Menschen auf den Philippinen.

Fake it... that's it.

Als das Unternehmen im Jahr 2018 gegründet wurde, war an eine KI, wie Saniger sie für seine App bewarb, noch lange nicht zu denken und so entschied er sich für ein “Fake it, till you make it”, ohne die Absicht, es auch nachträglich niemals zu “maken” und engagierte die Mitarbeiter eines Callcenters auf dem fünfgrößten Inselstaat der Welt, die all die Abläufe organisierten, von denen Kunden und Geldgeber glaubten, sie würden automatisiert von vonstattengehen.

Selbst die eigenen Mitarbeiter außerhalb der Telefonzentrale wussten kaum davon, dass statt der versprochenen vollautomatischen Bestellvorgänge kein einziger Handgriff nicht von einem meist völlig unterbezahlten Menschen getätigt wurde.

Zwar gab es bereits im Jahr 2022 erste Berichte darüber, dass Saniger in seinen Angaben zu Nate ein wenig übertrieben haben könnte und nicht die gesamte Verwaltung durch eine KI abgewickelt werden würde, das ganze Ausmaß seines Betrugs wurde allerdings erst jetzt klar.

Investoren und das FBI reagieren

Entsprechend schockiert sind nun also Investoren wie Nutzer der App und auch die Justiz scheint interessiert daran zu sein, Saniger für seine Lügen zu bestrafen, schließlich gehen Experten davon aus, dass die Tatbestände des Sicherheits- und Überweisungsbetrugs in Sanigers Heimat Spanien mit insgesamt bis zu 40 Jahren Haft geahndet werden könnten.

Auch in den USA blickt man auf den Fall und fürchtet um das Image von KI-basierten Start Ups.

Der amtierende US-Staatsanwalt Matthew Podolsky sagte über den Fall:

Albert Saniger hat Investoren in die Irre geführt, indem er das Versprechen und die Faszination von KI-Technologie ausnutzte, um ein falsches Narrativ von Innovation zu erschaffen, das nie existierte. Diese Art von Täuschung schadet nicht nur unschuldigen Investoren, sondern lenkt auch Kapital von legitimen Start-ups ab, macht Investoren misstrauisch gegenüber echten Durchbrüchen und behindert letztlich den Fortschritt in der KI-Entwicklung. Diese Staatsanwaltschaft und unsere Partner beim FBI werden weiterhin diejenigen verfolgen, die Investoren durch vorgetäuschte Innovationen schaden wollen.

Der Beweis, dass künstliche Intelligenz den Menschen nach wie vor nicht vollständig ersetzen kann, hat Saniger auf diese Weise zwar unbeabsichtigt erbracht, dass es sich in diesem Fall um Menschen handelte, die unter schlechtesten Bedingungen und extrem unterbezahlt arbeiteten, machen das Ganze allerdings zu einer äußerst bitteren Pille. Ob und wie lange er dafür einsitzen wird, muss die Zukunft und die damit einhergehenden Verfahren gegen den Nate-CEO zeigen.

Was haltet ihr von der Sache? Hättet ihr euch gewünscht, dass Nate tatsächlich funktioniert oder seid ihr nach wie vor keine Fans von zu viel KI in eurem Alltag?

Daniel Fersch

Daniel schreibt über so ziemliches alles, was mit Games, Serien oder Filmen und (leider) auch fragwürdigen Streamern zu tun hat – insbesondere, wenn es dabei um Nintendo, Dragon Ball, Pokémon oder Marvel geht....