Zwei Verfügungen, unzählige Gerichtsprozesse – und ein Missverständnis?

Wo genau die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Hassrede verläuft, ist vor allem im Online-Bereich eine heiß diskutierte Frage.
In einem Rechtsstreit zwischen FDP-Politiker und Journalist Tobias Huch auf der einen Seite sowie der Gaming-Streamerin und Aktivistin Shurjoka (bürgerlich Pia Scholz) auf der anderen Seite eskalierte diese dann so weit, dass Huch beinahe in Ordnungshaft hätte gehen müssen.
Ziemlich beste Feinde
Die beiden Persönlichkeiten waren in der Vergangenheit schon mehrfach aufgrund ihrer politischen Ansichten aneinandergeraten; zuletzt meist aufgrund des Nahostkonflikts. Hierbei attestieren Beobachter dem FDP-Politiker extreme pro-israelische und der Streamerin extreme pro-palästinensische Positionen.
So dauerte es nicht lange, bis auf politische Argumente auch persönliche Vorwürfe folgten. Ganz im Sinne der Aufmerksamkeitsökonomie thematisierten sich der Unternehmer aus Mainz und die Influencerin aus Graz in ihren Social Media Beiträgen immer wieder gegenseitig. So etwa veröffentliche Huch, dass Shurjoka eine Gefährderansprache über sich ergehen lassen müsse, woraufhin sie ankündigte, ihm auf politischer Ebene entgegentreten zu wollen.
Als Huch jedoch öffentlich behauptete, die Influencerin nehme die Selbstverletzung einer jungen Frau billigend in Kauf und sie darüber hinaus als „Hatefluencer“ bezeichnete, welche „antisemitische Äußerungen“ tätige, schien eine Grenze überschritten: Shurjoka zog vors Landesgericht Frankfurt am Main.
Ein umstrittener Gerichtsprozess
Im Februar 2024 gewann Shurjoka dann den Selbstverletzungs-Fall, das Landesgericht verhängte eine Verfügung gegen Huch, nach der er seine Vorwürfe nicht öffentlich wiederholen dürfe; das Urteil hielt einem Widerspruchsverfahren im Mai stand. Im „Hatefluencer“-Prozess wurden Huch zwei Aussagen untersagt, zwei andere darf er jedoch weiterhin tätigen.
Huch kritisierte die Verfahren anschließend als fehlerhaft und voreingenommen, wirkungskräftig blieben sie aber. Am 30. August 2025 veröffentliche der FDP-Politiker dann, dass er wegen eines angeblichen Verstoßes gegen diese Verfügungen zu einer Zahlung von 7.266,50€ oder ersatzweise einer siebentägigen Ordnungshaft verpflichtet worden sei. Zwischen diesen zwei Optionen fiel ihm die Wahl leicht:
„Da hatte ich schon meinem Anwalt zugerufen: Ich zahle keinen Cent von der Sch[], ich geh' in Haft!“
Dazu kam es dann letztendlich nicht. Am 1. September 2025 verkündete Huch in einem Video auf seinem YouTube-Kanal, dass er in zweiter Instanz Recht bekommen habe. Das Oberlandesgericht hob die Beschlüsse des Landgerichts auf, erklärte seine Äußerungen für nicht von der Verfügung gedeckt und damit zulässig und bestätigte, dass keine Verstöße vorlagen. Shurjoka müsse die Kosten tragen. Der Politiker beendete sein Video mit der Perspektive, seine öffentlich geführte Rivalität mit der Influencerin juristisch weiterhin verfolgen zu wollen:
„Ich kann jetzt schon sagen, dass es bald auch wieder spannend vor dem Landgericht Frankfurt werden kann, denn ich lasse die unterlegenen Punkte [...] nicht auf mir sitzen.“
Doch was ist eure Meinung? Handelt es sich bei der irrtümlich angedrohten Strafe tatsächlich um politische Einschüchterungsversuche, wie von Huch postuliert? Oder sind sie einfach Teil des Berufrisikos als publizierender Politiker? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!