Für Foodie Beauty nur ein weiterer Schritt in ihrer Karriere.

Nachdem Food-Influencerin Foodie Beauty (mit bürgerlichem Namen Chantal Sarault) – mutmaßlich, um dem Vorwurf des Spendenbetrugs zu entgehen – von Kanada nach Syrien geflohen ist, muss sie sich nun mit den Nachteilen ihrer neuen Wahlheimat abfinden.
Wer ist Foodie Beauty?
Die 41-jährige gebürtige Kanadierin erlangte in den sozialen Medien ursprünglich Bekanntheit mit ihren Muk-Bang-Inhalten. Dabei handelt es sich um Internet-Videos, in denen sich Personen dabei filmen, wie sie übergroße Portionen Lebensmittel verzehren.
Auch wenn die psychologische Komponente der Beliebtheit solcher Inhalte noch nicht sehr detailliert erforscht ist, wird gemeinhin davon ausgegangen, dass die Zuschauer deswegen wiederkehren, weil sie durch den Konsum der Videos ein gewisses Überlegenheitsgefühl verspüren; immerhin verstößt die Person, die sich gerade beim Überfressen filmt, offensichtlich gegen soziale Normen und bietet somit eine ideale Projektionsfläche für eine Art sadistisches Bedürfnis, andere aus sozialen Gruppen auszuschließen.
So ist es wohl wenig verwunderlich, dass viele ehamlige Muk-Bang-Influencer, darunter auch Sarault, ihren Lebensunterhalt inzwischen damit sichern, als sogenannte „Lolcows“ – Personen, die sich absichtlich dämlich verhalten, damit Zuschauer sie verspotten oder sich über sie aufregen können – Aufmerksamkeit, Klicks und damit Werbeeinnahmen zu generieren. So wohl auch in diesem Fall. Ein ähnliches Beispiel im deutschsprachigen Bereich wäre etwa der Influencer Drachenlord.
Warum der Krankenhausaufenthalt?
Nach eigenen Aussagen zog sich die Food-Influencerin nach dem Verzehr von offenbar unsachgemäß gelagertem Fleisch eine gastrointestinale Infektion zu, wegen der sie klinisch behandelt werden musste. Der Titel ihres Livestreams "I WENT TO THE HOSPITAL IN RURAL SYRIA" (dt.: „Ich war im dörflichen Syrien im Krankenhaus“) deutet bereits auf eine potenzielle Gefahrenlage hin.
Im Video selbst äußert sich Sarault dann allerdings zwiespältig: Einerseits bedauert sie offensichtlich, dass aufgrund der instabilen Versorgungslage und zerstörten Infrastruktur Syriens nicht die gleichen Behandlungsmöglichkeiten gegeben seien wie in ihren vorherigen Heimatländern Kanada und Kuwait.
Andererseits äußerte die Influencerin in der Vergangenheit wiederholt, dass die Darstellung Syriens als kriegsgebeuteltes Land lediglich „westliche Propaganda“ sei und die Zustände in dem Land besser seien als häufig berichtet.
Dass sie angesichts der Tatsache, dass sie durch die mangelnde Versorgung in Lebensgefahr schwebt, dann die Versorgungslage trotzdem beschönigt, lässt sich vielzählig begründen: Einmal als Teil ihrer „Lolcow“-Strategie (absichtlich provozieren, um Aufmerksamkeit zu erlangen), aufgrund des psychologischen Besitztumseffekt (die Entscheidung des Umzugs nach Syrien vor sich selbst rechtfertigen), um den Vorwürfen des Elendtourismus zu entgehen, oder schlichtweg, weil die Influencerin deutlich wohlhabender ist als die meisten Syrer.
Wie sicher sind syrische Krankenhäuser tatsächlich?

Entgegen Saraults Behauptung, in Kanada hätte sie „nicht unbedingt“ eine bessere medizinische Versorgung erhalten, sieht sich Syrien, obwohl das Land aktuell so stabilisiert ist wie schon lange nicht mehr, einer schwierigen medizinischen Versorgungslage ausgesetzt.
Nach den aktuellsten Zahlen der WHO gelten von den Einrichtungen zurBasisgesundheitsversorgung, wie Sarault sie beanspruchen musste, landesweit noch 52 % als voll funktionsfähig, allerdings mit starken regionalen Unterschieden.
Seit Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im März 2011 wurden Hunderttausende Gebäude und 40 % der zivilen Infrastruktur zerstört, etwa eine halbe Million Menschen sind durch allein durch direkte bewaffnete Konflikte gestorben, 13 Millionen Menschen wurden vertrieben, die Wirtschaft ist um etwa 90 % eingebrochen. Dementsprechend schwierig ist es, Medizinprodukte zu kaufen, zu lagern, zu transportieren sowie medizinisches Personal zu finden.
Ein derartiger Schaden wäre selbst unter idealen Umständen nicht leicht zu bewältigen, aber in Syrien konkurrieren selbst nach der Niederlage von Kriegsparteien wie al-Qaida, dem Islamischen Staat und den Baathisten unter der Assad-Familie immer noch verschiedene Kräfte um die Vorherrschaft. Aktuell sind es primär die syrische Übergangsregierung, die Überreste der Assad-Loyalisten und islamistischen Saraya Ansar al-Sunnah Westen, die kurdischen Autonomiegebiete im Norden, sowie drusische Gruppierungen und Israel im Süden.
Der Weg bis zu einer tatsächlich sicheren Gesundheitsversorgung in Syrien scheint also noch weit entfernt.